Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880/072

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1880.djvu
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Nr. 13.


Artikel 19.

      In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mittheilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, mit seinen Erklärungen und Anträgen gehört.
      Die Zeugen werden, nach Befinden, eidlich vernommen und die sonstigen Beweise erhoben. Den Vernehmungen der Zeugen darf der Angeschuldigte nicht beiwohnen; eine Ausnahme findet statt bei der Vernehmung von Zeugen, welche voraussichtlich bei der mündlichen Verhandlung nicht erscheinen können, sofern der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird.
      Die Verhaftung, vorläufige Festnahme oder Vorführung des Angeschuldigten ist unzulässig.

Artikel 20.

      Ueber jede Untersuchungshandlung ist durch einen vereideten Protokollführer ein Protokoll aufzunehmen. Den vernommenen Personen ist ihre Aussage unmittelbar nach der Protokollirung vorzulesen, um denselben Gelegenheit zur Berichtigung und Ergänzung zu geben.

Artikel 21.

      Wenn der Voruntersuchungsbeamte die Voruntersuchung für geschlossen erachtet, so theilt er die Akten dem Beamten mit, welcher die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen hat. Hält Dieser eine Ergänzung der Voruntersuchung für erforderlich, so hat er solche bei dem Voruntersuchungsbeamten zu beantragen. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit Beider entscheidet das betreffende Ministerium.

Artikel 22.

      Nach geschlossener Voruntersuchung ist dem Angeschuldigten der Inhalt der erhobenen Beweismittel mitzutheilen. Darauf werden die Akten mit dem Antrage des als Staatsanwalt fungirenden Beamten dem betreffenden Ministerium vorgelegt.

Artikel 23.

      Das Ministerium kann mit Rücksicht auf das Ergebniß der Voruntersuchung das Verfahren einstellen und geeigneten Falls eine Ordnungsstrafe verhängen.
      Der Angeschuldigte erhält Ausfertigung des darauf bezüglichen mit Gründen zu unterstützenden Beschlusses.

Artikel 24.

      Die Wiederaufnahme des Disciplinarstrafverfahrens wegen der nämlichen Anschuldigungspunkte ist nur auf Grund neuer Thatsachen oder Beweismittel und während eines Zeitraums von fünf Jahren, vom Tage des Einstellungsbeschlusses ab, zulässig.