Gedenkblätter Friedrich Wölbling/022
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vorigen Jahres Friedrich VII. gestorben ist, und nun liegt sein Schloß voller Verwundeter aus aller Welt Enden, die durch seinen Tod hierher versammelt sind. In meiner Gedanken sank alle Königsgroße in den Staub, und alle die elenden Königssöhne auf ihren Schmerzenslagern von dem Geblüt des Königs am Kreuze stiegen hoch zu meinen Augen! Es kamen viele Kranke von den Vorposten an, und war es dadurch unruhig, namentlich auf dem Hauptsaal. Es fand sich aber doch hier und da Gelegenheit, ein gutes Wort zu den Müden, Gedrückten und Leidtragenden zu reden. Auch auf den einzelnen Zimmern fand ich recht verlangende Seelen nach Gottes Wort und dem heiligen Anbendmahle. Es wurde angekündigt, daß ich wiederkomme, und dazu kann ales verbereitet werden. Die Rekonvaleszenten will ich dann in der lieblichen Schloßkapelle sammeln.
Gruß
Wölbling
Flensburg, den 20. Mai 1864.
Liebe Frau Lazarettprediger!
Deisere Titel gehört Dir von rechtswegen, ich fürchte nur, daß Du ihn verschmähen und garnicht publik wirst werden lassen? Als ich am Abend von Glücksburg kam, fand ich liebe Briefe aus Radensleben. Den Pfingskuchen habe ich mir gestern von der Feldpost abgeholt; Hohental und andere Gräfe werden mir wohl noch verzehren helfen. Das liebe Fest ließ sich am 1. Feiertage schrecklich an. Es gingen die Truppenmärsche an; von 7 Uhr an raffelten die Kanonen vorbei. Da wolte mein preuisches Herz nicht auf, ich war recht betrübt. Als ich endlich um 11 Uhr zum Militärgottesdienst ging, mußte ich mich durch Wagen, Pferde und Menschen förmlich durcharbeiten; und war froh, daß es noch Kirchen gibt, wo es stille ist, und man stille werden kann! Das geschah denn auch: Ein gutes Lied, ein ordentlicher Gesang, ein Stück underer Liturgie und eine von einem Bataillon ganz besetzte Kirche, das waren ja hier later seltene Dinge. Als ich auf die Kanzel kam, ging mir sehr bald das Herz auf. Es waren meine Zuhöhrer fast lauter Westphalen aus Minden und Ravensberg. Die saßen mit ihren treuen, ge-