Gedenkblätter Friedrich Wölbling/020
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Aus einem Brief vom 10. Mai
Es hat sich herausgestellt, daß Hohental die Lazarette mit den schwersten Verwundeten zugefallen sind; ich habe machen großen Saal mit nur 2 oder 3 evangelischen Preußen liegen; die meisen stehen herum und gehen heraus. Da ist es für mich Menschen der festen Regel und Ordnung nicht leicht, unter diesem Gewirr zu wirken. Mit Predigen bin ich recht auf Krankenkost gesetzt, es muß in den Amdachten alles kurz sein. Eine whare Erquickung ist mir die Bibelstunde, welche ich Freitag Abend den bethanischen Schwestern halte; ich habe den Philipperbrief angefangen, denen geht es als Hörern, wie mir als Prediger: sie hattern bisher auch nur schmale Kost. Ich freue mich, am ersten Pfingstage im Militärgottesdienst zu predigen, Text: Apostelgeschichte 2 Vers 36-38; danach das heilige Abendmahl. An Graf Finkenstein schrieb ich heut, er sandte mir Grüße durch Schwester Louise. Manger habe ich eingeladen, mich zu besuchen, er kann bei mir wohnen; er wird, wie ich höre, einn paar Tage Urlaub bekommen können. Leutnant B. habe ich im Königsgarten gesprochen, er hat ein natürliches, fröhliches Gemüt; mir komnt er damit etwas zu leicht über seinen amputierten Fuß hinweg. Mit einem nicht unbedenklich verwundeten jungen Leutnant hatte ich gestern ein Gespräch über das heilige Abendmahl; wenn nur mehr Fragen wäre! Nun grüe alle von Deinem getreuen
Wölbling
12.Mai Meine Korrespodenz mehrt sich sehr, ich habe gestern 9 Briefe zugleich zur Post gegeben. Dem Herrn sei Lob und Dank, daß er soweit geholfen, hier und dort bei Euch. Wenn ich auch machen Seufzer mitschreibe, so denke nur immer wenn Du ihn liesest, das Unwetter ist längst vorbei, jetzt giebst wieder Sonnenschein; denn Dein alter Eisenhart steht hier viel mehr als zu Hause auf “veränderlich.” Doch wird letzt das “gut Wetter” mehr und mehr stehend, was Du Dir aus meinem ganzen Temperament auch wohl erklären kannst? Du hast große Erwartungen, daß ich mich hier in manchen Stücken bessern