Evangelische Kirche Ölse (Kreis Schweidnitz)
Festschrift 1932
Festschrift "Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart - Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932", Herausgegeben von Pastor P. Hechler, Saarau i. Schl.
Zur Zeit des Mongoleneinfalls in Schlesien und der Schlacht bei Wahlstatt 1241 hat Ölse bereits bestanden. Die erste urkundliche Erwähnung, die uns bekannt ist, stammt aus dem Jahre 1239. In diesem Jahre schenkte nämlich der Kastellan von Striegau, Graf Paul, den dortigen Johannitern den Ort Zedlitz samt Mühle, Fluß und Busch. Als Zeugen dieses Vertrages haben auch drei Geistliche unterzeichnet, darunter Jac. plebanus de Oolcim, d. i. Jakobus, Leutpriester von Ölse. Aus dieser Unterschrift ersehen wir, daß Oolcim, vom polnischen olcha, „um die Schwarzerlen“, damals noch ein slawischer, am Erlenbruch des Dorfbachs gelegener Ort war, daß er aber auch bereits eine Kirche, wohl aus Holz, wie sich etwa in Oberschlesien heute noch manche polnische Holzkirchen finden, und einen Pfarrer hatte. Es ist möglich, das Kirche und Pfarrei auf den Feldherrn des Herzogs Boleslaus III. (1102—1139), den Grafen Peter Wlast zurückgehen, der um den Zobten herum die ersten christlichen Kirchen erbaut hat; die Entstehung des Dorfes aber dürfte in noch früherer Zeit zu suchen sein.
Im 13. Jahrhundert wohl allmählich von deutschen Kolonisten, Thüringern und Franken, besiedelt, wurde aus dem ehemals polnischen Oolcim mit der Zeit das deutsche Ölse, dessen große Gehöfte noch heut die thüringische Bauart erkennen lassen. Die Reformation wurde in Ölse eingeführt durch den mit Luther etwa gleichalterigen Grundherrn von Ölse, Christoph von Hohberg, der vom 3l. 8. 1522 bis zu seinem am 20. 12. 1535 erfolgten Tode Besitzer von Ölse und einigen anderen Gütern und seit 1529 auch Besitzer der Herrschaft Fürstenstein war. 1507 hatte er als Jüngling zusammen mit seinem Vater Conrad von Hoberg in Begleitung des Herzogs Friedrich II. von Liegnitz an der großen Pilgerfahrt nach dem Heiligen Lande teilgenommen, dadurch seinen B1ick auch in kirchlicher Beziehung geweitet und sich dann später gleich dem genannten Fürsten sofort der reformatorischen Bewegung angeschlossen, deren Anfänge mit seinem Besitzantritt zusammenfielen. 1522 wurde der Neubau der jetzt in katholischer Hand befindlichen, auf dem höchsten Punkte des Ortes gelegenen Kirche ausgeführt. Ein bestimmtes Jahr läßt sich für die Einführung der Reformation nicht angeben; wir wissen nur, daß Christoph von Hoberg dafür sorgte, daß in den Kirchen seiner Herrschaft wittenbergisch gepredigt und nach Erscheinen von Luthers Katechismus 1529 dieser in den Schulen gelehrt wurde.
Aus der Zeit der ersten evangelischen Kirchengemeinde Ölse, also etwa von 1529—1653 sind uns nur vier evangelische Pfarrer von Ölse bekannt: George Auersbach 1608—1628, aus Nimptsch stammend; am 26. 8. 1628 verstorben, hat er das erste Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges erlebt, der auch über Ölse und Umgegend viel Jammer und Not gebracht hat durch die wiederholten Truppendurchzüge, durch Brandschatzung und Gewalttätigkeiten aller Art. Ein schwerer Schlag war es für Ölse und das damals nach Simsborf, Kr. Bolkenhain, eingepfarrte Ullersdorf, als der fanatische Landeshauptmann der Fürstentümer Schweidnitz und Jauer, Freiherr von Bibran (1627—1637) die Entlassung der evangelischen Geistlichen und Lehrer und die Rückgabe der Kirchen an die Katholiken verfügte. Wir finden infolgedessen im Sommer 1633 sowohl den Pfarrer von Ölse, Daniel Poppren, als auch den Pfarrer von Simsdorf, George Peuker, in Striegau wohnend, wo dem ersteren Ende August, dem letzteren Anfang September eine Tochter von der durch die Heere eingeschleppten Pest hingerafft wurde. Als die Kaiserl. Truppen vor König Gustav Adolf von Schweden sich nach Süden zurückziehen mußten, konnten sämtliche nach Striegau gegangenen evangelischen Geistlichen sich wenigstens auf kurze Zeit wieder in ihre Landgemeinden begeben.
1640 war David Hartmann Pastor von Ölse, und vom 4.2.1645 bis 26.4.1646 Samuel Piscator (Fischer). Als Piscator in Ölse eintraf, war der Pfarrhof von den Feinden niedergebrannt. Der Pastor fand daher Wohnung und freien Tisch im Schloß. Als die Kriegsunsicherheit den Schloßherrn Hans Friedrich von Nimptsch und ihn zur Flucht von Ölse zwang, versah Magister Piscator bis Anfang März 1646 fein Pfarramt von Freiburg aus. Vom 3l.10.1649 bis 15.12.1653 war Gottfried Hensel evangelischer Pfarrer von Ölse, der durch die Kaiserl. Reduktions-Kommission bei der allgemeinen Kirchen-Wegnahme vertrieben wurde.
Nachdem sich nämlich Ölse 120 bis 130 Jahre lang, wenn auch zuletzt unter schwierigen Verhältnissen, evangelischer Glaubensübung erfreut hatte, die Kirche durch Heinrich von Hoberg auf Ölse 1593 um den jetzigen Altarraum vergrößert und 1614 samt dem Turm renoviert und der Pfarrhof eben neugebaut worden war, wurde am 15. Dezember 1653, Montag nach dem dritten Advent, Vormittag von einer auf dem Ölser Schlosse eingetroffenen Kaiserl. Rekonziliierungs-Kommission die Kirche nebst Pfarre, Grundbesitz und Inventar den Evangelischen weggenommen, der Pastor Gottfried Henfel „abgeschafft“, wie es kurz in dem Kirchen-Wegnahme-Protokoll heißt, Messe in der Kirche gelesen und der Kirchendienst vorläufig einem katholischen Kaplan anvertraut. — Grundherr von Ölse war damals der katholische Freiherr Hans Friedrich von Nimptsch. Das jetzt zur evangelischen Kirchengemeinde gehörige Ullersdorf, das damals noch nach Simsdorf, Kr. Bolkenhain, eingepfarrt war, konnte wenigstens noch Weihnachten 1653 in seiner Kirche feiern, bis auch diese am 28. Januar 1654 weggenommen wurde. 88 Jahre lang hat die evangelische Gemeinde Ölse, ihres Gotteshauses und ihres Pastors beraubt, sich zu der fast drei Meilen entfernten Friedenskirche zu Schweidnitz, die außerhalb der Stadt in Bindwerk erbaut worden war, zu Gottesdienst und Sakramentsfeier halten müssen. Besonders schmerzlich war neben anderen drückenden Bestimmungen, daß 1666 auf bischöflichen Befehl auch die evangelischen Schullehrer vertrieben wurden und bald darauf auch die Gottesdienste in den Wäldern unmöglich gemacht wurden. Brachte auch der schwedische König Karl XII. durch den Altranstädter Vertrag 1707 den evangelischen Schlesiern Befreiung von den drückendsten Verordnungen, so brach doch erst mit der Besitzergreifung Schlesiens durch Friedrich den Großen für die Evangelischen Gewissensfreiheit an. Noch Ende des Jahres 1741 erlangte die evangelische Gemeinde zu Ölse und Ullersdorf, Striegauer Kreises, vom Kgl. Preußischen General-Feld-Kriegs-Kommissariat die Erlaubnis, wegen des Ortes zum evangelischen Gottesdienste als auch wegen des zu berufenden Predigers sich mit der Ölser Grundherrschaft, dem katholischen Grafen von Nimptsch, in Verbindung zu setzen, und bereits am 6. Januar, am Epiphanienfeste 1742, einem Sonnabend, wurde nach 88 jähriger Pause in Ölse wieder evangelischer Gottesdienst gehalten von dem Kandidaten Johann Karl Barchewitz, und zwar unter freiem Himmel im hinteren Garten des Besitzers Gottfried Kaulfuß, auf dem Platze, wo jetzt die evangelische Kirche steht, über das Evangelium des Tages. Sonntag, 7. Januar, wurde wieder Gottesdienst gehalten. Das schlichte, ganz von Holz aufgeführte Bethaus, dessen Bau alsbald in Angriff genommen wurde, konnte schon an Ostern, am 25. März 1742, in gottesdienstlichen Gebrauch genommen werden. Ursprünglich nur als Interimsbau gedacht, ist das Bethaus bei erschöpften Mitteln in der Folgezeit nicht durch den beabsichtigten Kirchen-Neubau ersetzt, sondern 1766 nur untermauert und 1787, um mehr Sitze zu gewinnen, durch Verlegung der Aufgänge zu den Emporen aus dem Innern an die äußere Nord- und Südseite des Bethauses verunziert worden. Beim hundertjährigen Kirchenjubiläum 1842 wurde der Turm gebaut und drei Glocken beschafft. Das Gotteshaus erhielt 1742 den Namen „Hier ist der Herr“ (Hes. 48, 35).
Seitdem 1746 Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Friedrichs des Großen, Besitzer von Ölse und Ullersdorf wurde, ist das Patronat in der Hand der Kgl. Preußischen Familie. Gegenwärtig ist der frühere König von Preußen Patron. — Von 1742 bis 1871 waren drei Generationen Barchewitz (Großvater, Vater und Sohn) Pastoren an der hiesigen Kirche: Johann Karl Barchewitz 1742—1782, Karl August Barchewitz 1782—1825, Heinrich August Eduard Barchewitz 1826—1869. Die weiteren Pfarrer der Kirchengemeinde: Richard Matzke 1870 bis 1887, Erich Gebhardt 1888—1902, Johannes Graßmer 1902—1910, Georg Leßmann 1911—1917, seit l.6.1918 Arthur Seeliger.
Der Weltkrieg hat von der Kirchengemeinde an Opfern 34 Heeresangehörige gefordert, ungerechnet die Vermißten. Für Kriegswohlfahrtszwecke hat die Gemeinde während des Krieges 5377 Mark aufgebracht.
Am 12. Dezember 1921 wurden zur Erhaltung der beiden evangelischen Schulen innerhalb der Gemeinde in Ölse und in Ullersdorf je ein Evangelischer Elternbund gegründet und dem Provinzial-Elternbunde angeschlossen.
1922 erhielt das Gotteshaus eine neue Orgel, von Schlag & Söhne in Schweidnitz erbaut, und am Reformationsfeste, 5. November, eingeweiht.
1926 wurden für die beiden im Kriege abgelieferten Glocken von der Firma Franz Schillings Söhne in Apolda Ersatzglocken gegossen; die Glockenweihe fand am 4. Juli, 5. S. n. Trin., statt.
Anfang 1928 erwarb die Gemeinde im Hinblick auf einen späteren Kirchenneubau ein sich unmittelbar an das Kirchengrundstück nach der Nordseite hin anschließendes Gartengrundstück von 18,24 a.
Die seit Mitte Oktober 1900 in der Gemeinde vom Vaterländischen Frauenverein eingerichtete Schwesternstation ist seit Jahren mit einer Frankensteiner Diakonisse besetzt, die sich neben der Krankenpflege der Leitung eines Jungfrauenvereins widmet. Die gegenwärtige Kirchengemeinde Ölse besteht aus den Landgemeinden Ölse nebst Folgendorf und den Mühlen (Pappel- und Erlenmühle), Ullersdorf nebst Neu-Ullersdorf und der Ullersdorfer Mühle, und Hoymsberg (seit 1812 eingepfarrt) nebst dem Forsthause Nonnenbusch.
Nach der Volkszählung von 1925 betrug die Gesamtzahl der Einwohner der Ortschaften 1601 Personen. Davon gehörten 1356 der evangelischen Landeskirche, 231 der römisch-katholischen Kirche und 14 keiner Religionsgemeinschaft an. Die Gemeinde trägt überwiegend landwirtschaftlichen Charakter; doch haben vor dem wirtschaftlichen Niedergange viel Gemeindeglieder auch in den Industriebetrieben der Nachbarstädte Striegau (Steinbrüchen) und Freiburg (Uhrenfabriken) ihre Beschäftigung gehabt.
Seliger
Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis
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