Eupen und Umgegend (1879)/289

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Eupen und Umgegend (1879)
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       Die Lage der gegenwärtigen Burg ist prächtig und die Aussicht aus den Fenstern einer im Erdgeschoß des Wohnhauses belegenen Stube überraschend schön. Freilich die Burg, wie solche angeblich im Jahre 804 bereits bestanden haben soll, ist längst untergegangen und Spuren von derselben sind vollständig verwischt. Nichtsdestoweniger möchte ich doch an diesem Platze eine von den vielen vorhandenen Sagen erzählen, wie solche mit Vorliebe festgehalten wird, wenn dieselbe auch eben nur eine Dichtung ist:

       Karl der Große,[1] welcher alle Talente in seinem ganzen Reiche aufzufinden wußte, hatte auch den durch den Abt Baugolf ihm wegen seiner glänzenden Gelehrsamkeit und ungewöhnlichen Kenntnisse empfohlenen Einhard[2] an seinen Hof gezogen. Der kleine Mann, denn er war unansehnlich von Gestalt, erlangte nun ob seiner Klugheit,und Rechtschaffenheit einen so großen Ruhm am Hofe Karls, daß er zu demselben in einem innigen und vertrauten Verhältnisse stand, und vielfach ausgezeichnet wurde.

       Ein Mönch von Lorch, welcher um's Jahr 1180 eine Sammlung der auf sein Kloster bezüglichen Urkunden anlegte, nahm bei Erwähnung der von Einhard gemachten Schenkung Gelegenheit, die folgende mündliche Überlieferung auszuschreiben:

       Einhard, der Erzkaplan und Geheimschreiber Karls des Großen ward am kaiserlichen Hofe ob seiner löblichen Dienste von Allen geliebt, noch heißer aber liebte ihn des Kaisers Tochter, die Imma hieß und mit dem König der Griechen verlobt war. Diese Liebe erwiderte Einhard auf das Innigste und da er sich einem Boten nicht anvertrauen konnte, schlich er in einer Nacht, heimlich zu dem Gemach des Mädchens. Auf die Angabe, daß er eine Botschaft vom König zu bestellen habe, wurde er eingelassen und bald wechselten sie in traulichen Reden das Geständniß ihrer Liebe. In dieser Nacht jedoch hatte es frisch geschneit, und da Einhard darum nach seiner in einem andern Flügel des kaiserlichen Schlosses belegenen Wohnung nicht zurückkehren konnte, ohne durch seine Fußspuren eine Entdeckung des Liebesverhältnisses herbeizuführen, trug Imma ihren Geliebten auf dem Rücken über den Hof. Karl hatte dies von seinem Fenster aus beobachtet und seine Räthe veranlaßt, ohne ihnen die Schuldigen zu nennen, ein Urtheil


  1. „Kaiser Karls Leben von Einhard“. Nach der Ausgabe in den Monumenta Germaniae überseht von Otto Abel.
  2. Einhard heißt derselbe bei seinen Zeitgenossen. Im elften Jahrhundert erst wurde der Name Eginhard gebraucht.