Erziehung im XX. Jahrhundert/057
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Bei allen Fragen der Schulerziehung wird man immer der Tatsache eingedenk sein müssen, dass die wirksamsten Erziehungsmittel nicht Worte und Belehrungen sind, sondern Gewöhnung und Beispiele. Das gilt vor allem auch für das Gebiet des Sittlichen. Wenn man das Kind hineinversetzt in eine Umgebung, in der es das Gute sieht und hört — >Kinder lernen mit den Augen soviel als mit den Ohren«, sagt ein altes Sprichwort —, so wird es ihm selbstverständlich erscheinen, auch nach dem Guten zu streben. Der gute Geist der Schule ist für die Erziehung viel wichtiger als alle Belehrungen, die sie dem Schüler auf den Lebensweg mitgibt; die einfachste Dorfschule kann in dieser Beziehung vortrefflich wirken, ebenso wie die schlichteste Mutter tüchtige Kinder erziehen kann. Nur da, wo das Haus vollständig versagt, tritt für den Staat das Recht ein, in die Erziehung einzugreifen und eine Zwangserziehung an die Stelle der häuslichen Erziehung zu setzen. Die heutigen sozialen Verhältnisse bringen es aber mit sich, dass auch in vielen Fällen, in denen die Notwendigkeit einer Zwangserziehung noch nicht vorliegt, eine Erweiterung der Schulerziehung dennoch erwünscht ist. Dies geschieht dadurch, dass die Kinder über die Schulzeit hinaus vom Erzieher überwacht und in geeigneter Weise beschäftigt werden. Einrichtungen, die zu diesem Zwecke getroffen sind, nennt man Kinderhorte oder Jugendheime, und zwar bestehen solche für Knaben sowohl wie für Mädchen.
Die Kinderhorte im eigentlichen Sinne sind eine Schöpfung der letzten Jahrzehnte, wenn auch selbstverständlich schon früher Anstalten vorhanden waren, in denen man Kinder zum Zwecke der Erziehung vorübergehend oder dauernd unterbrachte. Den Gedanken, dass alle Kinder derjenigen Schichten des Volkes, die ausser dem Hause arbeiten, einer Fürsorge bedürfen, die ihnen während der schulfreien Zeit des Tages das Elternhaus ersetzt, hat erst unsere Zeit der sozialen
- Bild: Unterricht in einer Baracken-Schule.