Erziehung im XX. Jahrhundert/032
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haben. »Kein Haus ist so klein«, sagt er, »dass es dem Kinde, welches darin
geboren ward, nicht eine Welt schiene, deren Wunder und Geheimnisse es erst
nach und nach entdeckt.« Eine ganze Welt steht dem Kinde offen, das in Haus
und Garten sich frei bewegen und durch Feld und Wald streifen, das dem murmelnden Bache nachgehen und an der Hecke das Tierleben belauschen kann.
Für den, der in der Natur aufwächst, wird sie zur Freundin und Führerin, und
ihr Einfluss auf den Menschen lässt sich dann nicht treffender ausdrücken, als
durch die schönen Worte Eichendorffs:
- »Schläft ein Lied in allen Dingen,
- Die da träumen fort und fort,
- Und die Welt hebt an zu klingen,
- Triffst du nur das Zauberwort.«
Wenn es gelingt, diese Lebenskräfte der natürlichen Umgebung und der Heimat für die Erziehung und Bildung der Jugend nutzbar zu machen, dann wird sich auch von selbst die rechte Heimatliebe entwickeln, deren Fehlen wir in der Gegenwart so oft beklagen müssen.
Auch in bezug auf die Charaktererziehung müssen wir den einfachen Verhältnissen des Landes den Vorzug geben vor den verwickelten Verhältnissen der Grossstadt. Hier, wo die Menschen dicht zusammengedrängt wohnen, kennt doch kaum einer den andern und weiss nichts von seinem inneren Leben. Dort dagegen sind die Lebensverhältnisse viel durchsichtiger und auch dem Aussenstehenden vertrauter. Die Familien kennen sich untereinander, die Personen und ihre Schicksale von den Grossvätern bis zu den Enkeln; ihr Glück und ihr Unglück, ihre Tugenden und ihre Laster werden als gute oder als schlechte Beispiele beachtet. Der Zusammenhang menschlichen Tuns und äusserer Erfolge, von Charaktereigenschaften und Schicksalen des Einzelnen liegen auch für das kindliche Verständnis klar zutage. So wird das Leben dem Kinde zu einer Schule der Erkenntnis und es entwickeln sich schon in der Jugend die Keime zu dem späteren Wollen des Menschen. Die Erziehung ist dann so weit vorbereitet, dass sie durch das, was der eigentliche Unterricht und die Schule bieten, nur noch vertieft und gefestigt, aber in ihren Grundlagen nicht mehr geändert werden kann.