Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 86

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Die Bauern dürfen ihr erbeigen Land selbst in der höchsten Not nicht ohne Zustimmung der Junker versetzen oder verkaufen, was sehr beschwerlich und gegen Recht und Billigkeit ist.

Die Schweinemast in dem Holz der Gemeinden war ganz frei, in dem Holz der Junker mußten die Bauern, wenn sie Schweine darin hatten, dem alten Junker jedes Dorf ein Rind, 5 Thlr. wert, geben. Die Junker haben den Bauern die Mast in den eigenen wie in den Gemeindeholzungen ganz abgeschnitten, und müssen die Bauern beschwerlich Mastgeld, was die Junker fordern, geben.

Nun ist vor dreißig, vierzig und mehr Jahren Brauch gewesen, daß, wenn ein Hauswirt mit Tod abgegangen, man das beste Haupt gefordert hat. Nun hat schon der Vater der Junker festgesetzt, daß ihm (statt dessen) nicht allein der zehnte Pfennig vom verkauften Gut, sondern auch, wenn eine Witwe sich wieder befreien will, oder die Eltern allein ein Kind nach sich gelassen, von ihren erbeigentümlichen Gütern, ingleichen auch, wenn jemand eine Witwe freien und ihm die Güter ^allein) nur auf etliche Jahre uermeigert werden, bis die Kinder erster Ehe erwachsen, geben muß, welches im Fürstentum Bmunschweig unerhört und den armen Leuten beschwerlich ist.

Der Abfall vom Bauholz der Junker aus eigenen Hölzern wird den Bauern nicht mehr wie gebräuchlich überlassen. Ferner wollen die Junker den Bauern kein Brennholz mehr verkaufen, wie es gebräuchlich war.

Der früher mit Geld bezahlte Zehnte wird in natni-n gezogen, und die Bauern werden gezwungen, ihn unentgeltlich einzufahren. Die Fleischzehnten werden erhöht. Die Gerechtigkeit, in dem gemeinen, kleinen Bächlein und Wasser zu fischen und es zur Wässerung der Wiesen zu verwenden, haben die Junker an sich gezogen und letzteres verboten. Sie lassen große Klötze hineinlegen und stauen es und verhindern die Wässerung der Wiesen. Alle diese Beschwerung haben die Junker trotz aller Bitten der Bauern fortgesetzt und ihr Flehen nicht erhört. Sie haben die Schnlzen aus allen fünf Dörfern zu sich auf die Niedeck gefordert und verlangt, sie sollten die Kirchenschlüssel an sich nehmen und ohne ihre Erlaubnis nicht weggeben. So sind die zum Bedürfnis der Gemeinde vorhandenen Kirchenglocken für diese unbrauchbar geworden. Die Strafe für eine Blutrunst ist von 30 gr. auf 8{N.1} Thlr. erhöht worden, wie doch im Land Göttingen eine so hohe Strafe unerhört ist.

Auch haben sie auf dem Landgericht zu Kerstlingerode, das alle Jahre am Tag St. Michael Archangeli gehalten wird, verlesen lassen, daß von denen Erkenntnissen dieses Gerichts nur an sie, die Junker, appelliert werden dürfe. Dies ist im Land Braunschweig nicht gebräuchlich, und steht jedem die ^ppellMo an Se. Fürstl. Gnaden und an Kanzler und Räte offen. Die Bauern haben sich zuerst bei dem kurfürstlich Mainzischen Amtmann des Eichsfeldes beklagt, aber darauf ist ihnen kein Recht geworden, sondern der Druck wurde noch schlimmer. Die v. Kerstlingerode sind mit etlichen Ausländischen von Adel, Eichsfeldischen und Bürgern zu Duderstadt mit Hunden und Rossen in den Dörfern eingefallen, haben die Bauern gesucht und „geschüchtert‟, so daß sie ins Feld und in den


1 Vf-Korrektur: 8 (statt 80) Thaler.