Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 134

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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sächsischen Freibauernstand. Schon am Ende des 11. Jahrhunderts erscheinen sie in Westfalen als Biergelden.[1] Der Sachsenspiegel kennt sie unter demselben Namen oder als Pfleghafte. Später heißen sie in Westfalen[2] Stuhlfreie, in Niedersachsen[2] Vogt- bezw. Freidingsmänner.

Sie gerieten in die oft geschilderte Abhängigkeit von dem Inhaber der Grafschaftsrechte. Sie mußten ihm Zins zahlen und durften ohne seine Erlaubnis ihre Güter nicht veräußern. Besonders in Westfalen bildete sich eine Art Hörigkeit in die Grafschaft aus.[3] Nachdem das echte Ding im 16. Jahrhundert seinen Charakter als Kriminalgericht völlig verloren und auch die meisten Civilsachen an die landesfürstlichen Ober- und Untergerichte abgegeben hatte, blieb es schließlich nur noch für die streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit über die den Freibauern gehörigen Freiengüter, die Freidingsgüter, zuständig.[4] Die Verfassung dieser Freidinge in Niedersachsen hat im ersten Abschnitt (Kap.VI) eine ausführliche Schilderung erfahren.[4] In Westfalen scheint ihre Beschaffenheit ganz ähnlich gewesen zu sein; nur waren sie zahlreicher.[4] Mit dem Freiding als Vereinigungspunkt erhielten sich Freie und Freigüter in Niedersachsen und Westfalen bis ans Ende des 18. Jahrhunderts.[4] In Niedersachsen war ihre Zahl verschwindend.[4] In Westfalen scheinen sie zahlreicher gewesen zu sein, aber schon im Mittelalter gab es in jeder Freigrafschaft nur einige wenige.[5] Gegenüber der großen Masse der hörigen Bauern kamen sie außer in den an Friesland stoßenden Grenzgebieten[5] nirgends in Betracht. Sie sind weiter nichts als der bäuerliche gewordene Bodensatz


  1. Vgl. Osnabr. Urkundenbuch I, Nr.205 (a. 1090), Nr.214 l». 1096), Nr.216 (a. 1097). — Wie mir Herr Professor Heck brieflich mitteilt, sind die friesischen herjeda ebenfalls unzweifelhaft Ethelinge.
  2. 2,0 2,1 Vgl. über Westfalen Lindner, Die Veme, S.364 ff., besonders S.895. — Über Niedersachsen vgl. Glosse S. Ld. R. III 29, § 1 (Homeyer, Ssp. I, S.322). Über die Bezeichnung des Freidings als Vogtding vgl. Seibertz, Urkundenbuch, Bd.I Nr.824 (a. 1262).
  3. Vgl. Lindner a.a.O. — Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts II, S.91 ff. — Sehr lehrreich für diese Zustände ist die Urkunde Westfäl. Urkundenbuch III, Nr.1792 (a. 1297).
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Über die spätere Entwickelung der Freigrafschaften, Kompetenz des Gerichts, Zahl der Freigüter in Westfalen vgl. Seibertz, Zur Topographie der Freigrafschaften in Zeitschrift für Geschichte Westfalens, Bd.23 S.95-164; Bd.28 S.76-106. — Betr. Niedersachsen, vgl. oben S.234.
  5. 5,0 5,1 Vgl. Lindner, Veme, S.396-398. Daselbst S.394 über die Anschauung mittelalterlicher Schriftsteller, daß in Westfalen die Hörigkeit verbreiteter sei als in irgend einem anderen Teil Deutschlands. — Kindlinger, Münstersche Beitrage III, Abt.2, Nr.192 lit B. (Ende des 14. Jahrhunderts). — Über die große Zahl freier bäuerlicher Eigentümer an der friesischen Grenze vgl. Behnes, Beiträge zur Geschichte und Verfassung des ehemaligen Niederstifts Münster. Emden 1880, S.374 ff. — Im Bistum Osnabrück werden um 1240 zahlreiche Freigüter als Zubehör des Haupthofes Rüssel in Nordland angeführt. Ihre Zahl beträgt nahe an 80; sie bezahlen kleine Getreideabgaben als Malschuld und libera pensio, ferner Hämmel, vgl. Archiv für Geschichte Westfalens ed. Wigand, Bd.III Heft 2 S.139 ff. — Im Hochstift Münster waren die Freistuhlherren oft genötigt, aus Mangel an freien Leuten (d.h. Freibauern) ihre Eigenbehörigen und Hofshörigen frei zu lassen, um den Schöffenstuhl besetzen zu können. Vgl. Welter, Das gutsherrlich-bäuerliche Rechtsverhältnis im Hochstift Münster 1886, S.88 Anm.a.