Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/431
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Dem willkürlich konstruierenden und despotisch sein Programm Verwirklichenden Liberalismus der Franzosen stellte man das historische Recht der vaterländischen Staats- und Gesellschaftsordnung gegenüber.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Ordnung war auch die grundherrliche Verfassung gewesen. Gegen sie hatte sich der Usurpator zuerst und am feindlichsten gewendet. Jetzt hatte man die ganze alte Ordnung bis auf wenige unvermeidliche Modifikationen sorgfältig wieder hergestellt und hielt ihr bloßes Bestehen für den sichersten Schutz gegen die von außen und im Innern drohende Revolution. Begreiflicherweise konnte man sich nicht dazu entschließen, sogleich wieder einen der Grundpfeiler dieser Ordnung abzubrechen. So erhielt man die grundherrliche Verfassung aufrecht, nicht weil sie den Herren einen hervorragenden Nutzen brachte, sondern weil die Staatsleiter und die herrschende Klasse in ihr ein ehrwürdiges Symbol der nach einer Periode unerhörten Umsturzes glücklich wieder hergestellten Ordnung sahen l.
Diese Anschauungen verkörperten sich in dem allmächtigen Minister Grafen Münster und in der seit 1819 bestehenden ersten Kammer der Stände des Königreichs^. Münster, der diplomatische Schöpfer des Königreichs Hannover, regierte mit fast unbeschränkter Machtvollkommenheit als Kabinetsminister des Königs von England aus s. Um die glücklich wieder hergestellte alte Ordnung der Dinge vor der drohenden Revolution zu schützen, war er auf möglichste Stärkung des aristokratischen Elements in der Staatsverfassung bedacht. Im Jahre 1814 hatte man einen aus Deputierten der alten Provinzialstände zusammengesetzten provisorischen Landtag zusammen-berufen^. Dieser wurde gegen seinen Willen im Jahre 1819 in zwei Kammern „abgeteilt‟. Die erste Kammer bestand aus den Standes-herren, hohen Prälaten, MajoratZherren und Deputierten der Pro-vinzialritterschaften^. Die zweite Kammer setz« sich aus Prälaten, Vertretern der Städte, Flecken und der freien Grundeigentümer (Freibauern) zusammen^. Die erste Kammer war also eine Adelskammer, deren Hauptbestreben auf Erhaltung des bestehenden Zu-standes ging. Mit ihrer Hilfe gelang es dem leitenden Staatsmann,
' Vgl. die Schriften Stüves, bes. Lasten und Gegenwärtige Lage in Hannover.
2 Stüve, Gegenwärtige Lage, S.40 ff.
2 Vgl. v. Heinemann, Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd.III, S.408, 411. — Stüve, Gegenwärtige Lage, S.31-48.