Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/275
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auch Ämter oder oWoia, oui-ts»^ alioäia oder Vorwerke. Die Hörigen hieße» Laten, Lassen (Lazzen) oder Litonen, auch inanoipia «der »srvi.
Der Stand rechtloser Sklaven, der in früherer Zeit scharf von den Litonen getrennt war, hatte sich in unserer Epoche, soweit er selbständig wirtschaftend ans Bauerngütern einer Villikation saß, ganz dieselbe Stellung wie die Litonen errungen und war völlig in diesen aufgegangen'. Ein Unterschied zwischen Late und »si-vus oi,«aw« etwa der Art, daß dieser die unterste Klasse der unfreien Bauern bildete, ist aus den Urkunden unserer Epoche nicht nachzuweisend
Abgesehen von dem wenig zahlreichen Stand völlig unfreier Hausdiener gab es damals, außer den Laten, nur noch die erwähnten freien bäuerlichen Eigentümer (Frei- oder Vogtdingsleute) und die Erbzinsleute auf Neurodungen ^,
Hörige, die keiner Villikation angehörten, also nicht einem Haupthof, sondern direkt der Person der Herren unterthan waren, werden zwar erwähnt, treten aber der großen Masse der im Villikations-verband befindlichen Unfreien gegenüber völlig zurück ^. Der hörige Bauer war so häufig und regelmäßig einer Villikation unterworfen, daß eine andere Hörigkeit als die durch die Villikationsverfassung vermittelte für unsere Untersuchung nicht in Betracht kommen kann. Hörigkeit und Villikationsangehörigkeit sind gleichbedeutend^.
1 Vgl. die charakteristische Standesgliederung des Sachsenspiegels, der auf
die Laten sogleich die unfreien Hausdiener folgen läßt. 8. I^ä. N. lSächsisches
Landrecht) ecl. Homeyer IH, III, Art. 45 § 7 und 8. — Auch sonst erwähnt er
keinen Unterschied zwischen Laten und Eigenen, außer wenn letztere Dagewerchte
(Gesinde) sind, also zum inanoipiuin caz^tum in direktem Gegensatz stehen. —
Vgl, auch den für die Ständegliederung unserer Epoche sehr wichtigen kölnischen
Gottesfrieden (Erhardt, Urk,-Vuch zur Geschichte Westfalens, Bd. I, Nr. 163
(». 1083), in dem litonW und Lsrvi völlig gleichgestellt sind.
2 Über die eoloni vgl. S. 273 Anm. 1.
6 Über diese direkt dem Herrn unterworfenen Hörigen wird in Kapitel IX ausführlich gesprochen werden. Ich nehme an, daß um das Jahr 1100, wo einerseits die geistliche und weltliche Großarundherrschaft schon sehr verbreitet waren, andererseits aber noch nicht so häufig einzelne Hufen aus den Nillikationen genommen und als Dienstlehen vergeben wurden, die Mehrzahl der Hörigen zu Villikationen gehörte.
Anderer Ansicht ist Stüve, Geschichte des Hochstifts Osnabrück bis 1508. 1858 S. 46 und 70 ff. — Er nimmt an, daß um 1250 und auch in früherer Zeit nur die Hörigen des Bischofs, des Kapitels und einiger Stifter und Klöster in Villikationen organisiert gewesen seien, während alle übrigen Hörigen d, h. etwa °V4 der Gesamtzahl diese Organisation entbehrt hätten. Alle übrigen
Grundherren, also die Dienstmannschaft, die Edelherren und Freien, und schließlich die auswärtigen Herren hätten keine Villitationen, sondern nur einzelne Hörige besessen.
Dem gegenüber verweise ich nur auf die Traditionen der Edelherren an die osnabrückische Kirche im II. Jahrhundert, die fast ausnahmslos Nillikaiionen zum Gegenstand haben. (Vgl. Osnabr. Urk.-Nuch scl. Philipp,, Nd. I, Nr, 132, 188, 142, 157-159, 162, 168, 170, 171, 188-190, 201, 203-206, 212, 214 bis 216.) Auch bestand der Besitz der auswärtigen Klöster, wie Korueu, Herford, Freckenhorst, Werden, völlig, der der Grafen u. Daten wenigstens zum Teil aus Villikationen. Vgl, Osnabr. Urk.-Vuch I, Nr. 146, 227, 280, 379, 391, 418, 444. Der Besitz der Dienstmannschaft endlich war um das Jahr 1100 noch weitaus nicht so bedeutend wie um das Jahr 1250.
Daher kann ich für das Jahr 1100 der Ansicht Stüves über die Verbreitung der Villikationen und einzelnen Hörigen nicht beistimmen. Ich glaube, daß, in unserer Epoche wenigstens, der weitaus größere Teil der Hörige» aus Nillikationshürigen bestand. Auf den rechtlichen und thatfächlichen Zustand der einzelnen Hörigen werde ich erst da näher eingehen, wo sie meines Vrachtens als wirklich bedeutsame Bestandteile der hörigen Bevölkerung hervorzutreten beginnen,