Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/251

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Hie und da freilich verlangten die Eigentumsherren, auf das formelle Recht gestützt, die Hälfte des Mobiliarvermögens oder bei gleichzeitigem Tode beider Ehegatten die ganze Fahrhabe ihrem wahren Werte nach als Grundlage zum Anfchlag des Sterbfalls.

In solchen Fällen riefen die Pflichtigen Erben gewöhnlich die Gerichte an, welche die Ansprüche des Leibherrn soweit ermäßigten, daß der Hof nicht außerstand gesetzt wurde, die öffentlichen Lasten zu tragend

Von großer praktischer Bedeutung war das im Amte Diepholz herrschende Gewohnheitsrecht, wonach die auf dem Altenteil versterbenden Leibzüchter oder Leibzüchterinnen nicht beerbteilt wurden. Da die Bauern meistens zu Lebzeiten ihren Hof übergaben und sich auf das Altenteil zurückzogen, so wurde hier der Sterbfall häufig überhaupt nicht gezogen ^. In der Grafschaft Hoya dagegen beerbteilte man auch die Leibzüchter ^. Diese milde Handhabung des Sterbfallsrechts fchuf wieder mancherlei lokale Gewohnheiten, welche die sonst im Eigenbehörigkeitsrechte allgemein anerkannten Beschränkungen der persönlichen Handlungsfähigkeit zum Teil wenigstens aufhoben. So konnte beispielsweise im Amte Diepholz, wo sich die Beerbteilung nur auf einen Teil der Hofwehr beschränkte, der Eigenbehörige über sein mit dem Hofe nicht verbundenes Mobiliarvermögen letzt-willige Verfügungen treffen^.

Erben des eigenbehörigen Gutes waren die Kinder des eigen-behörigen Bauern. Da der Hof nicht geteilt werden durfte, so erhielt der jüngste, seltener der älteste Sohn oder, wenn Söhne fehlten, die jüngste (bezw. älteste) Tochter ein Recht auf den dereinstigen ausschließlichen Besitz des Gutes (Anerbenrecht), mit der Verbindlichkeit,


1 Vgl. Schlüter, Beiträge, S. 342. — Palm, Entwurf V S 26.

2 Vgl. Schlüter, Beiträge, S. 843 ff. 405 hinsichtlich des Amts Diepholz. In der Grafschaft Hoya bestand diese Milderung im 18. Jahrhundert nicht mehr, war aber früher in einigen Ämtern vorgekommen. Vgl. Palm, Entwurf, Kap. V § 30 und 38. Akten Hannover I)W. 88 Amt Uchte ^ I, Conv. I 1701 bis 1745. toi. 37 ff. u. 65 ff.

° Vgl. Schlüter, Beiträge, S, 308. Palm, Entwurf, Kap. IV § 27-2K incl. — Grefe I, S, 846.