Deutsche und französische Kultur im Elsass/081
GenWiki - Digitale Bibliothek | |
---|---|
Deutsche und französische Kultur im Elsass | |
Inhalt | |
<<<Vorherige Seite [080] |
Nächste Seite>>> [082] |
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien | |
Texterfassung: korrigiert | |
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
|
Die sinnliche Kultur der Altdeutschen im Elsass trägt ganz die nationalen Züge. Die bildende Kunst, obwohl durch einige tüchtige altdeutsche Maler vertreten, verschwindet völlig gegenüber der elsässisch-französischen. In der Architektur sind nur die streng nach berühmten Vorbildern geschaffenen Bauten, wie das Kollegiengebäude der Universität, bemerkenswert. Das Kunstgewerbe sucht man durch Fachschulen und Sammlungen anzuregen, ohne dass man bisher nennenswerte Erfolge erzielt hätte. Die französische Kultur der Altelsässer dominiert hier so sehr, dass die Altdeutschen eher für diese gewonnen werden, als dass sie den Elsässern die eigene mitteilen können. Was die sinnliche Kultur des täglichen Lebens bei den Altdeutschen anlangt, so lässt sich ein ähnlicher Tiefstand wie in Altdeutschland beobachten. Ja die mangelnde Wohlhabenheit und nomadische Lebensweise der aus Beamten und Offizieren bestehenden oberen Klassen bringen diesen Mangel im Elsass häufig noch stärker zum Ausdruck, als er in Altdeutschland hervortritt. Alle die Unzulänglichkeiten und Geschmacksfehler, die wir in der Führung des Hauswesens, der Küche, der Kleidung, besonders der Frauentoilette, und in den Verkehrssitten wahrnehmen, sind Äusserungen einer allgemeinen Thatsache, der unentwickelten Sinnenkultur des deutschen Volkes.
SCHLUSS.
(DIE ZUKUNFT DER ELSÄSSISCHEN KULTUR, DER GRUNDZUG DER BEIDEN NATIONALEN KULTUREN.)
Welche Antwort lässt sich nun vermöge unserer Beobachtungen auf die zu Anfang gestellten Fragen geben. Wie wird sich die nächste Zukunft der elsässischen Kultur gestalten, worin bestehen Wesen und Wert der beiden grossen nationalen Kulturen ?
Seit dreissig Jahren gehört das Elsass wieder zum Deutschen Reich. Nicht nur aus den geschilderten Verhältnissen, sondern auch aus den seit der Annexion hervorgetretenen Entwickelungstendenzen lassen sich einige Anhaltspunkte für die zukünftige Gestaltung der elsässischen Kultur gewinnen.
Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass von den verschiedenen Bestandteilen der heutigen Kultur der Elsässer die geistige und moralische Kultur am meisten der völligen Germanisation ausgesetzt ist. Denn die Grundlage aller geistigen Kultur, die religiöse Kultur des Volkes, ist völlig deutsch geblieben; eine Rezeption der geistigen und moralischen Kultur Frankreichs hat nur unvollkommen oder gar nicht stattgefunden. Die deutsche Muttersprache des Volkes, der deutsche Charakter seiner ethischen Grundlagen, der Einfluss der Altdeutschen im Elsass und die mannigfachen Einwirkungen aus Altdeutschland vereinigen sich hier mit der in Kirche, Schule und öffentlichem Leben planmässig betriebenen Germanisation zu einer fast unwiderstehlichen Macht, die auf die Dauer ihre Wirkung nicht verfehlen kann. Nur ganz kleine Kreise sind in der Lage, durch eine kostspielige und mühsame Privatpflege der geistigen Kultur Frankreichs dieser Germanisation für ihre Person Widerstand zu leisten. Für die Masse, der diese Mittel nicht zur Verfügung stehen, ist die geistige und moralische
- Bildunterschrift:
- P. Braunagel: Arbeiterin.