Deutsche und französische Kultur im Elsass/073

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Deutsche und französische Kultur im Elsass
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[072]
Nächste Seite>>>
[074]
Kultur elsass.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



Bildunterschrift:
CH. SPINDLER: Aus der Umgegend von Strassburg.

besitzen sie. Die Masse des Volkes besitzt nur die elementarsten Bestandteile und ist nie in der Lage, die höheren und höchsten Stufen zu erringen. Daher sind Gebildete und Ungebildete scharf und dauernd von einander getrennt. Dazu kommt noch, dass die schulmässige Geistesbildung für bestimmte sozial bedeutsame Berufsstände, z. B. für die Bureaukratie, gewissermassen einen Bestandteil ihrer Berufsvorbereitung und daher einen regelmässigen Besitz dieser Stände ausmacht. So ist, wie schon früher hervorgehoben wurde, die Bildung in Deutschland von Besitz, Geburts- oder Berufsstand abhängig und dazu geeignet, die in doppeltem Sinne besitzenden Klassen einander nahe zu bringen und zu verschmelzen und zwischen ihnen und den Ungebildeten, die allerdings nicht nur aus Besitzlosen bestehen, eine soziale Scheidewand aufzurichten. So schliessen sich in Deutschland die Berufsstände der Bureaukratie, der akademisch gebildeten Lehrer, der Gelehrten, der Ärzte und der Rechtsanwälte zu einer sozialen Klasse zusammen, deren Merkmal in der Hauptsache in der akademischen Bildung ihrer Angehörigen besteht. Sie machen die Spielart der Hochgebildeten aus und nehmen als solche eine sehr bedeutsame soziale Stellung ein. Adel und Offizierkorps werden zwar nicht kraft ihrer Bildung, aber doch vermöge des alten Ansehens ihres Standes zu diesen Gebildeten gerechnet. Wie im späteren Mittelalter der Doktortitel die Rechte des niederen Adels verlieh, so giebt jetzt der Adel den Anspruch auf die soziale Gemeinschaft mit den Hochgebildeten. Zwei in der letzten Zeit sehr bedeutsam gewordene Berufsstände stehen ausserhalb dieser sozialen Klasse: der Stand der höheren Techniker, der Ingenieure im weitesten Sinne des Wortes, und der Kaufmannsstand. Die technische Berufsvorbildung beider Stände wurde nicht als eine mit der akademischen Bildung gleichwertige Geistesbildung angesehen. Um diese soziale Gleichstellung dieser immer wichtiger werdenden Berufsstände zu erreichen, hat man in neuester Zeit verschiedene höchst bezeichnende Versuche gemacht. Man hat den technischen Hochschulen das Recht gegeben, das alte Zeichen akademischer Bildung, den Doktortitel, als Doktor der Ingenieurwissenschaften zu verleihen. Man will ferner Handelshochschulen gründen, natürlich