Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/254
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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer | |
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meist schon vergessen, als ich wieder nach Hause kam. Während mich nun meine Frau fragte, was denn die Hellseherin über ihren Vater geäußert habe, klopfte der Bruder des Mädchens an unser Fenster und sprach, als ich dasselbe geöffnet hatte, zu mir: Meine Schwester hat mich hergeschickt, daß ich Ihnen das angegebene Mittel noch einmal sagen soll, weil Sie es vergessen hätten. Es müßten 14 Birnkerne u. s. w. sein! Wir haben das Mittel, weil es uns doch gar zu albern vorkam, weder empfohlen, noch angewandt; bewundern aber noch heute den Wahrsagergeist, der aus dem Mädchen redete, und von dem es selbst nichts wußte, sobald es wach wurde.“ — Soweit Freund Koch. —
Der Kastenmeister von Crainfeld, welcher auch nach Busenborn ging, um dieses Mädchen wegen seiner kranken Frau um Rath zu fragen, konnte wegen der großen Menge der Fragenden in den zwei ersten Tagen nicht zu demselben kommen, bis es selbst einmal die andern Frager abwies, und sprach: „Jetzt ruft mir erst einmal den Mann von Crainfeld, der in dem und dem Hause ist; er hat lange genug gewartet, und hat doch unter Allen, die zu mir wollen, das betrübteste Herz!“ Das hat mir der Kastenmeister damals selbst erzählt. —
Der Professor der Theologie Dr. Schulz in Gießen, ein sonst sehr lebhafter Gesellschafter, saß einst im Donnerstagskränzchen der Professoren so theilnahmlos und schweigsam da, daß er öfter gefragt wurde, warum er nicht so munter und guter Laune sei, wie gewöhnlich. Endlich sagte er: Ich kann eben nicht so aufgeräumt und heiter sein, wie sonst, weil mich ein sonderbarer Gedanke verfolgt, den ich durchaus nicht los werden kann, nämlich der Gedanke: Ich müsse mein Bett aus der Einen Ecke des Zimmers in die Andere stellen. Ei nun, sprach ein Anderer: so führen Sie doch lieber sogleich diesen Gedanken aus, als daß Sie den ganzen Abend für unsere Gesellschaft verloren sind. Nun ging Schulz alsbald nach Hause und sagte zu seiner Frau und Tochter: Helft mir einmal mein Bett in jene Ecke stellen! Beide wußten nicht, was sie zu diesem sonderlichen Einfalle sagen sollten; halfen aber, nachdem sie den Beweggrund erfahren hatten, das Bett an den gewünschten Ort transportiren; worauf Schulz in seine Gesellschaft zurückkehrte, und nun so unterhaltend und jovial wie immer war.
In der folgenden Nacht brach ein Balken seiner Zimmerdecke, und stürzte gerade auf die Stelle herab, wo sein Bett vorher gestanden hatte. Hätte es also noch da gestanden, so wäre er ohne Zweifel von dem Balken erschlagen worden. —
Dieses erzählte Schulz in Gegenwart meines Vaters mit dem Bemerken, daß er über seinem Bette nie eine schadhafte Stelle gesehen, und deswegen auch nie vermuthet habe, daß da vielleicht einmal ein Balken herunterbrechen könne. — Mein Vater erzählte dieses stets mit großem Interesse, weil Schulz einer von seinen liebsten Lehrern gewesen war.
Mein Bruder Theodor, ein früher sehr gesunder und blühender Knabe, nahm in seinem 13. Jahre allmälig und immer schneller an Kraft und gutem Aussehen ab, bis er soweit heruntergekommen war, daß er kaum noch allein gehen konnte. Die besten Aerzte in der Umgegend waren zwar immer gebraucht, der Patient aber dabei immer schwächer und hinfälliger geworden,