Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/182

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Ach, wenn ich der goldnen Zeit gedenke,
Wo ich noch durch Dich so glücklich war;
Wo beseligt mir durch Deine Nähe
Jede Stunde neue Lust gebar;
Wo Du lächelnd mir entgegen schwebtest
In so lieblich reizender Gestalt;
Wo wir herzend dann uns fest umschlangen
Mit der treusten Liebe Allgewalt;
Wo Dein Arm auf meinem Nacken spielte,
Und ich Dir in Aug und Seele sah; —
O, was fehlte damals meinen Wünschen!
O, wie überglücklich war ich da!! —
Aber jetzt — ach — moderst Du im Grabe,
Der Verwesung und der Würmer Raub!
Deine anmuthsvolle Geisteshülle
Ist im Kurzen eine Handvoll Staub! —
Eine Handvoll Staub hätt' ich verloren?
Weiter nichts? und sollte trostlos sein?
Konnte Staub aus Deinem Auge sprechen:
O, Geliebter! ewig bin ich Dein?
Nein, die Königin des schönsten Leibes,
Deine Engelseele hat's erklärt!
Sie gab auch den körperlichen Formen
Ihren Zauber, ihren höchsten Werth!
Nur Dein Pilgerkleid, getreue Seele,
Die Du Dich mit meiner hast vermählt!
Nur Dein ird'scher Schleier blieb der Erde;
Du hast nicht Dein Vaterland verfehlt!
Aufgeschwungen über Zeit und Räume,
Umgekleidet in das Lichtgewand,
Blicktest Du mit seligsten Gefühlen,
Abschied nehmend, auf das Prüfungsland!
Eingegangen zu des Herren Freude,
Angelangt an seinem Himmelsthron,
Strahlst Du, Ueberwinderin des Todes,
Gleich der Sonne mit der Lebenskron!
Daß ich so Dich einmal wiedersähe
In der heil'gen Engel Schwesterchor!
Und mein Herz an Dir sich weiden könnte
Liebend und geliebt, als wie zuvor!! —
Harre aus in Sehnsucht, mein Gemüthe!
Dieses Auge schaut das Ew'ge nicht;
Doch es kommt die Stunde der Verklärung
Und verwandelt Finsterniß in Licht!
Glaube, hoffe, dulde reines Herzens,
Bis der Sanduhr letztes Korn verrinnt!
Dann wirst Du die Reine wiederschauen!
„Selig sind, die reines Herzens sind.“
Rein warst Du im Namen, Glauben, Herzen,
In den Worten, in der Liebe rein!
Und wenn ich auf Erden treu Dir folge,
Bist Du auch im Himmel wieder mein!
Am Altare gabst Du mir die Rechte,
Um für Dieses Leben mein zu sein!
Auf dem Sterbebette war's das Siegel
Für der Seelen Ewigen Verein! —
Würdig bist Du mir vorangegangen,
Und ich folge Dir gewißlich nach!
Ueberwunden hast Du meine Zweifel,
Und mein Glaube wird nicht wieder schwach! —
O, beneidenswerthe, treue Schwester,
Die Du der Verklärten nachgeeilt!
Sage ihr, daß ihr gebeugter Gatte
Ungern nur auf Erden noch verweilt!
Sage ihr, daß ihr geliebtes Karlchen
Schon die Wünsche seines Vaters theilt!
Und daß keine Zukunft vor dem Tode
Der Zurückgelass'nen Wunde heilt!
Sag' ihr, daß der kleine, treue Schmeichler,
Der die Hand ihr küßte an dem Bett,
Seine Mutter wieder holen wollte
Von der leer geword'nen Lagerstätt —
Eduard verlor mit seiner Mütter
Vater, Bruder, Tante, Vaterhaus;
Lebt verwaist als Fremdling in der Ferne,
Und der Kleine macht sich nichts daraus? —
O, er ist in guten Pflegehänden!
Kleidung, Speise, Trank wird ihm gereicht;
Was verlangt er mehr in diesem Alter,
Wenn die läst'ge Krankheit von ihm weicht? —
Sei beruhigt, mütterlicher Schatten!
Deine Kinder leiden keine Noth;
Und die Trübsal, die noch ihrer wartet,
Bleibt zurück im letzten Abendroth!
Lichtgeborne! ist es Dir vergönnet,
Zu besuchen dieses nied're Thal;
Unsichtbar vielleicht Dich noch zu nahen
Diesem Schauplatz flücht'ger Lust und Qual;
O, so laß mich Deine Nähe fühlen!
Hauche mich mit Deinem Athem an!
Und geleite mich und uns're Kinder
Hin zu Dir auf gottgeweihter Bahn!