Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/137

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Sie war über einundsiebzig Jahre
Und mein Vater sechsundsiebzig alt,
Als der Tod dem zärtlich treuen Paare
Zurief sein gebieterisches „Halt!“
Beide Tage auch und Stunden zählten
Bis zu ihrem gold'nen Hochzeitstag;
Sechsunddreißig Tage aber fehlten,
Als mein Vater noch dem Tod erlag.
Und zu Crainfeld lieget er begraben
Auf dem Friedhof, den er eingeweiht;
Meiner lieben Mutter aber gaben
Hier wir auf dem Kirchhof das Geleit.
Anno sieb'nundvierzig hab' gelitten
Ich an chron'schem Rheumatismus sehr,
Ehe meine Mutter auf mein Bitten
Zog im Herbst von Crainfeld zu mir her.
Ja, die Schmerzen, die ich in dem Rücken
Damals öfters hatte auszustehn,
Sind mit Worten gar nicht auszudrücken;
Denn ich meinte oft, ich müßt' vergehn.
Freilich hatte ich in frühern Jahren
Reißen schon im rechten Arm gespürt;
Da die Schmerzen unbedeutend waren,
Hatten sie mich aber nicht genirt.
Jetzo aber brachten meine Flüsse
Einen Schmerz, der an im Rücken fing,
Und es kamen manchmal Hexenschüsse,
Daß das Athmen mir dabei verging.
Dabei konnte ich mich weder bücken,
Noch entkleiden, noch im Bette drehn;
Es verbot mir selbst der Schmerz im Rücken,
In das Bett und auch heraus zu gehn.
Schwitzen, Schröpfen, Sympathie und Schmieren,
Alle Mittel halfen mir nicht viel,
Und das Uebel wollte sich verlieren
Niemals wieder ganz mit Stumpf und Stiel.
Deßhalb habe ich denn angehalten
Auf so lang um einen Pfarrvicar,
Bis das Amt ich wieder selbst verwalten
Könne, das mir übertragen war.
Da bereits ich über dreißig Jahre
Selbst versehn die hiesige Pfarrei,
Ward sie übertragen dem Vicare
Sieb'nundfünfzig an dem zehnten Mai.
Vier Vicare lernte schon ich kennen,
Nämlich Krauß, Georgi, Schwan und Koch,
Um sie nach der Reihe herzunennen,
Und den letztgenannten hab' ich noch.
Aufgeblasen, unbescheiden, eckig
War der erste dieser jungen Herrn,
Auch von Bräutchen sprach er allzu geckig,
Darum sah ich seinen Abzug gern.
Doch der Zweite war nach meinem Herzen,
War und bleibt mein lieber, guter Freund,
Und wir haben beide fast vor Schmerzen,
Als er abgerufen ward, geweint.
Und der Dritte war der ärgste Mucker,
Den die Unvernunft gebrütet aus,
Deßhalb schaffte ich den armen Schlucker
Von dem Halse mir und aus dem Haus.
Trug der Vierte auch den Leutnantsdegen,
Bin ich doch mit ihm zufrieden ganz,
Da er seiner Glaubensrichtung wegen
Nicht verdammet Spiel, Musik und Tanz.
Seit ich hier ein Diener bin des Wortes,
Habe ich mit Freuden auch gesehn
Oft Verschönerungen dieses Ortes
Innerhalb und außerhalb entstehn.
So zum Beispiel ward die Heidenweide,
Wo man Sonntags trieb die Ochsen hin,
Umgepflügt, daß nun schon längst die Leute
Da die schönsten, besten Früchte ziehn.
Dazu hat mein Großpapa gegeben
Erst dem Schultheiß Wagner guten Rath,
Und durch diesen trat auch bald in's Leben,
Was ihm jener angerathen hat.
Anno neunundzwanzig fing so fleißig
Man die Chaussee hier zu bauen an,
Daß wir sie bereits im Jahre dreißig
In dem Dillthal fix und fertig sahn.
Diese trug zu unsers Dorfes Hebung
Wesentlich und ganz besonders bei,
Und man sahe auch, daß die Umgebung
Dadurch freundlicher geworden sei.
Aeußerst trist und ärmlich anzusehen
War im Innern unser Gotteshaus;
Nach der Besserung, die dran geschehen,
Sieht es jetzo hell und würdig aus.
Boden, Anstrich, Orgel, Bühnen, Stühle,
Fenster und Altartuch wurden neu;
Die Gemeinde ließ es im Gefühle
Machen, daß es wirklich nöthig sei.