Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/135

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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In derselben Nacht ist es verschieden,
Wo es sich auch hier hat angezeigt;
Ueber dreißig Jahre ruht's in Frieden,
Und war mir besonders zugeneigt.
Früher, als mein Käthchen seine Reise
Hatte in die Ewigkeit gethan,
Ward sein Tod auf siebenfache Weise
Uns und Andern schon gezeiget an.
Wie das aber eigentlich geschehen,
Schrieb ich längst in einem Heftchen auf,
Und aus diesem ist noch heut' zu sehen
Deutlicher der ganze Sachverlauf.
Träume, wie ich fünf darin erzähle,
Prägen sich, was wohl zu merken ist,
Gleich so tief in jedes Träumers Seele,
Daß er sie sein Leben nicht vergißt.
Dann auch findet ohne fremde Leitung
Er sogleich, wenn er geträumet kaum,
Schon von selbst die wahre Vorbedeutung
Von dem sonst noch nie gehabten Traum.
Daß selbst Träume wörtlich offenbaren,
Was verborgen und zukünftig ist,
Hab' ich aus dem Orgeltraum erfahren,
Den ich hatte und Ihr selber wißt.
Etwas Aehnliches ist widerfahren
Meiner Mutter auch als junger Frau
Vor nun etwa einundsechzig Jahren,
Denn die Zeit weiß ich nicht ganz genau.
Da erschien im Traume ihr ein Bote,
Der von Schotten ihr die Nachricht bracht',
Daß ihr Schwiegervater schnell mit Tode
Abgegangen sei in jener Nacht.
Als sie ihn an's Fenster schlagen hörte,
War sie Anfangs ärgerlich darob,
Daß er sie im besten Schlafe störte,
Und dabei verführe allzu grob.
Als sie aber aus dem Bett geeilet
Und gelaufen war an's Fenster hin,
Da erkannte sie auch unverweilet
Als den Vetter Wilhelm Stophel ihn.
Und nachdem die Botschaft sie bekommen,
Daß ihr Schwiegervater schnell verschied,
Hat darauf sie den Gesang vernommen
Von dem ihm gesungnen Sterbelied.
Diesen ganzen Traum sie nun erzählte
Meinem Vater, als sie war erwacht,
Dem sie nicht ein Wort von dem verhehlte,
Was der Todesbote ihr gesagt.
Und wie hier aus meiner Feder quillet
Dieser ganze wunderbare Traum,
Ward er auch von A bis Z erfüllet
Nach Verlauf von ein paar Wochen kaum.
Und kein Nebenumstand hat gefehlet,
Wäre auch derselbe noch so klein;
Sondern grade so, wie ich erzählet,
Traf auch Alles nachher pünktlich ein.
Auch ward eben jenes Lied gesungen
Beim Begräbniß vor dem Leichenhaus,
Welches schon zu Ohren war gedrungen
Meiner Mutter wochenlang voraus.
Mein Geburtshaus war auch ausgezeichnet
Dadurch, daß schon in der Neujahrsnacht,
Wenn ein Todesfall sich hat ereignet,
Er durch Zeichen ward bekannt gemacht.
Freilich wurden immer solche Zeichen
Für dasselbe Jahr nur kund gethan,
Und auch immer nur für solche Leichen,
Die die Hausbewohner gingen an.
Wie auch jene Zeichen kund sich thaten,
Waren oft sie doch von solcher Art,
Daß man die Personen konnte rathen,
Deren Sterben angedeutet ward.
In der Neujahrsnacht desselben Jahres,
Worin meines Vaters Vater schied,
Und zwar zwischen Elf und Zwölfe war es,
Wo sein Tod sich also schon verrieth:
Meinem Vater grade so es schiene,
Als ob plötzlich rollte von dem Dach
Eine sich vergrößernde Lavine
Und zur Erde fiel mit dumpfem Krach.
Meines Vaters Staunen aber mehrte
Dieses, daß an eben jenem Tag,
Wo er diesen Schneesturz deutlich hörte,
Gar kein Schnee noch auf der Erde lag. —
Meiner Mutter aber so es schiene,
Als ob Jemand mit der Peitsche hell
Mehrmals klatschte oben im Kamine,
Welcher fahren wolle von der Stell'. —
Meines Vaters Mutter hat geschüret
Uns im Ofen lang das Feuer an,
Und wenn ihr's ein And'res angerühret,
Hatte es ihr keinen Dienst gethan.