Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/128

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Gegenseitig waren wir zufrieden
Mit einander in so hohem Grad',
Daß es, als wir von einander schieden,
Beiden Theilen leid und wehe that.
Denn der alte Konrad war ein grader,
Schlichter, ehrenswerther Bürgersmann,
Der allmählich mir als wie ein Vater
Ward von ganzem Herzen zugethan.
Und sein Bethchen, „meine liebe Alte,“
Wie ich oft sie habe titulirt,
Ich im Grabe noch in Ehren halte,
Weil sie mich so mütterlich regiert.
Kam's ihr vor, als hätt' ich poculiret,
Oder 's gäbe etwa ein Duell,
Ward zum Thee ich von ihr invitiret,
Daß ich nur nicht ginge von der Stell'.
Sprach ich: „Sein Sie heute außer Sorgen;“
„Denn ich gehe nur zum Glase Bier!“
Sagte sie: „Das können Sie noch morgen,“
„Diesen Abend bleiben Sie bei mir!“
Und so hab' ich oft die Abendstunden
Im Familienkreise zugebracht,
Und hab' mehr Vergnügen da empfunden,
Als die Kneipe jemals mir gemacht.
Alle aßen gern den Nierenbraten,
Wurden aber öfters drum geprellt,
Denn die Alte sprach, wenn sie drum baten:
„Der Herr Spamer hat ihn schon bestellt!“
Und so konnte sie mit Wahrheit reden;
Denn ich hatte um das Nierenstück
Sie für alle Zeiten ja gebeten,
Und daß sie es halte mir zurück.
Sanne, Caroline, Katharine
Hießen die drei Töchter in dem Haus,
Deren erste gar nicht reizend schiene;
Doch die zweite sahe lieblich aus.
Mit der dritten, einem netten Püppchen,
Hab' ich Mitleid brüderlich gefühlt,
Als ihr plötzlich schwoll das Oberlippchen,
Und sie nachher die Geschwulst behielt.
Jakob, Philipp, ihre beiden Brüder,
Halfen wie sie im Geschäfte aus;
Beide wurden später Metzger wieder,
Und zwar Philipp in der Eltern Haus.
Die Frau Möhlin hatte von dem Morgen
Alle Tage bis zum Abend spät
In der Küch das Essen zu besorgen
Für die halbe Universität.
Die zwei jüngsten Mädchen mußten's bringen
Den Studenten eine Treppe hoch,
Und wiewohl sie immer mußten springen,
Kamen Vielen sie zu langsam doch.
Welche mehr und welche minder aßen,
Als die festgesetzte Portion,
Schrieben sie, damit sie's nicht vergaßen,
Alsobald auf Schiefertafeln schon.
Was sie aber nicht also notirten,
Schrieben sie sich beide hinter's Ohr,
Bis sie es des Abends referirten,
Und dem Bruder Jakob sagten vor.
Denn was diesem sagten die Geschwister,
Schrieb er jeden Abend pünktlich auf
In das allgemeine Eßregister,
Bis zu Ende war der Monatslauf.
Und den Bauern, welche unten saßen,
Stets bedient von Sanne und der Magd,
Hat der alte Möhl, so lang sie aßen,
Manchen Spaß zum Zeitvertreib gemacht.
Wenn dann nach des Tages Last und Hitze
Die Frau Möhlin wieder aufzustehn
Sich bemühte von dem Sesselsitze,
Wollten ihre Beine nicht mehr gehn.
Da hab' oft ich sie am Arm genommen
Und der steilen Trepp' hinauf gebracht;
Wenn wir oben waren angekommen,
Sagte sie mir dankbar gute Nacht.
Daß ihr Carolinchen mir gefiele,
Und es mir besonders freundlich war,
Sah sie täglich zwar an unserm Spiele,
Aber 's machte ihr kein graues Haar.
Und so gern und oft wir uns auch küßten,
Wenn es zu mir auf das Zimmer kam;
Wir uns doch mit Achtung noch begrüßten,
Als ich aus dem Hause Abschied nahm.
Denn bei allem unserm Jugendfeuer
Und auch in der größten Dunkelheit
War uns uns're Ehre doch so theuer,
Daß wir niemals gingen allzuweit.
Später ward der Metzger Sack ihr Gatte,
Wieviel Jahre weiß ich nicht genau;
Doch daß er sie nicht sehr lange hatte,
Weiß ich, denn sie starb als junge Frau.