Brieg - Stadt und Landkreis (1964)/Zur Geschichte der Stadt Brieg
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Die Stadt Brieg wurde im Zuge der mittelalterlichen Ostkolonisation vor 1250 nach deutschem (Halle - Neumarkter) Recht gegründet. Begründer waren die vom regierenden Piastenherzog beauftragten Lokatoren Gerkinus von Goldberg, Ortlif und Heinrich von Reichenbach. Letzterer schenkte der jungen Stadt sein Familienwappen, die Wolfssense, als Stadtwappen. Die Gründungsurkunde ist nicht überliefert, wohl aber die Verkaufsurkunde aus dem Jahre 1250, die Herzog Heinrich III. dem Lokator Konrad von Neiße ausstellte, der den dritten noch lebenden Lokator Ortlif ablöste. Diese sogannte Frankenberger Urkunde, die durch einen Editionsfehler des bekannten Leipziger Historikers Kötzschke jahrelang für die Gründungsurkunde gehalten worden ist, enthält jedoch die wichtigsten Bestimmungen der Gründungsurkunde im Auszug.
Die Ursache für die Neugründung der Stadt an der jetzigen Stelle dürfte die günstige Lage des Ortes an einem wichtigen Straßenkreuz zu suchen sein. Von Nordwest nach Südost führte auf dem erhöhten Südufer der Oder eine wichtige Straße von Breslau nach Oppeln, die sich in Oberschlesien gabelte, und zwar nach Wien und nach Ungarn durch die Mährische Pforte. Diese Straße kreuzte in Brieg der Weg von Prag über Nimptsch und Strehlen nach Gnesen, dem im Jahre 1000 von Kaiser Otto III. gegründeten Bischofssitz, und führte weiter zur Ostsee. Die rechteckige Anlage der Innenstadt, typisch für die ostdeutsche Kolonisationsstadt, ist auf diese großen Wirtschaftswege zurückzuführen.
Die Blütezeit Briegs als Gemeinwesen und als Residenz lag im 16. und 17. Jahrhundert. Die vielen Renaissancebauten der Stadt, das Schloß, das Rathaus, die Bürgerhäuser am Ring und in den Straßen der Innenstadt sind oder waren Zeugen dieser Zeit, da im Schloß die Piastenherzöge von Liegnitz, Brieg und Wohlau Hof hielten und Brieg dank des um das Jahr 1290 ins Leben gerufenen Gymnasiums zu den am meisten aufgesuchten Orten des Südostens gehörte. Die bekanntesten Namen aus dieser Zeit: Herzog Georg II., Herzogin Barbara von Brandenburg und Dorothea Sibylla von Brandenburg, die Gemahlin Herzog Johann Christians. Ferner Friedrich von Logau, der berühmte Epigramatiker, der als Gymnasiast und herzoglicher Hofmann in Briegs Mauern weilte, sowie der evangelische Theologe und Liederdichter Johannes Heermann, der "schlesische Hiob", als Schüler des Gymnasiums im Brieger Schloß auf Geheiß Kaiser Rudolfs II. zum poeta laureatus gekrönt.
Mit dem Erlöschen der Piastendynastie 1675 geht die große Zeit Briegs als Fürstenresidenz zu Ende. Brieg wird, wie ganz Schlesien, österreichisch. Gegenüber den brandenburgischen Erbansprüchen, die aus dem Vertrag von 1537 herrühren, setzt sich Habsburg, dem die Piasten lehnsuntertänig waren, durch. Die Gegenreformation bringt Jesuiten in die Stadt. Die barocke Kreuzkirche wird errichtet.
In dem Maße, da Brieg seine Bedeutung als Residenz einbüßt, geht auch die Eigenart der Stadt verloren. Im Jahre 1741 tobt vor den Toren der Stadt die Schlacht bei Mollwitz, die der Graf Schwerin gegen ein österreichisches Heer gewinnt. Brieg wird preußisch. Das Piastenschloß, Wahrzeichen der alten Residenz, geht in Flammen auf und wird Magazin. Die nüchterne Zweckmäßigkeit, die den preußischen Staat prägt, setzt sich auch in Brieg durch. Brieg wird eine fleißige Arbeiterin im preußischen Gesamtstaat. Die Stadt tritt hinter Oppeln und Breslau deutlich zurück; das einstmals "Illustre Gymnasium" mit Hochschulverfassung wird eine höhere Schule wie andere.
Brieg bleibt bis zum Schicksalsjahr 1945 eine bürgerliche-rührige Stadt, geprägt vom Fleiß seiner Bewohner, einer alten geschichtlichen Tradition und dem mächtigen Oderstrom, der Lebensader des schlesischen Landes.
Noch viel mehr kann man lesen in:
- Neuere Geschichte der Stadt Brieg 1740 - 1980
- Herausgeber: Bundesvereinigung der Brieger e.V.., Goslar
- Verfasser: Werner Irrgang, Traben-Trabach/Mosel
- Gestaltung: Stadt Goslar - Betreuungsstelle Brieg
- ISBN-Nr.: ??
Diese Seite enthält Text des Buches »Brieg - Stadt und Landkreis«, herausgegeben von der Stadt Goslar zum 10. Treffen der Brieger in Goslar im September 1964. Abgeschrieben von Hermann Hosp aus D-54516 Wittlich in Rheinland-Pfalz. Überarbeitet und umgesetzt in HTML-Code durch Dr.-Ing. Frank Knorr aus D-03185 Teichland, OT Maust in Brandenburg. |
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar vom 8. Mai 2001. |
Früher war dieser Text auf der alten Regionalseite www.genealogy.net/reg/SCI/Brieg/st-kr/stbrieg.html zu finden. |