Berufsname
Definition
Berufsnamen als Familiennamen können abgeleitet sein von
- Berufsbezeichnungen
- Unterteilungen oder Gruppen dieser Berufsbezeichnungen
- Arbeitsmaterialien oder Endprodukten eines Berufes
Beispiele und Erläuterungen
Erwachsen aus den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des späten Mittelalters und sprachlich geformt durch Wortschatz und Mundart der Siedlerstämme, vermitteln uns die Berufsnamen ein anschauliches Bild der aufblühenden städtischen Kultur, der dörflichen Gemeindeverfassung und der einst gültigen Wortgeographie. Es empfiehlt sich daher, zwischen dem bäuerlichen und dem bürgerlichen Lebenskreise zu unterscheiden; denn erst durch Einordnung in ihre Ursprungsbereiche und Lebensräume werden viele dieser Namen, die uns sonst nur isoliert begegnen, wieder zu sinnvollen Gebilden.
Voranstehen mag das alteingesessene, vom Wald- und Wasserreichtum des Landes begünstigte Urgewerbe mit dem Zedler (d. i. Zeidler) als Vertreter der Waldbienenzucht, die wie die Fischerei schon in slaw. Zeit nachweisbar ist. Für die Bedeutung des Fischfangs (neben Fischer stehen Fischel und slaw. Riebke) sei auf die entsprechenden Übernamen verwiesen, wie Gründel, Lachs, Peisker usw.; das gleiche gilt für den Vogelfang in den Vogelweiden, an den der Vogel und viele Vogelnamen erinnern, wie Kolmeuse und Goldamer, Zeisig und Fröbel (slaw. Wrobel = Sperling).
Die Namen aus dem bäuerlichen Bereich spiegeln deutlich die alte Gliederung der Dorfbewohnerschaft in Vollbauern und landwirtschaftliche Hilfskräfte. Erstere sind die häufigen Gebauer (mit dem Ton auf der zweiten Silbe!), polemisiert Gburek, und die Hübener, an die Einteilung der Ackerflur in Hufen erinnernd. Im Gebirgsschlesischen erinnert der Exner (Öchsner) als mit Ochsen pflügender Bauer an seine süddeutscher Herkunft. Auf Hilfsarbeiten beim Bauern waren angewiesen der Gärtner und der Heusler, denn sie besaßen nur Häuschen und Garten. Der Tagelöhner, der zur Miete wohnt, lebt in Mittmann fort, der Saisonarbeiter in Drescher, der Hirte in Schafhirt und Ziegert (dem Ziegenhirt). - Für den Vorsteher der Dorfgemeinde, der zugleich das Richteramt innehatte, ist neben allg. schles. Scholz (mhd. Schultheiß) landschaftlich Richter verbreitet: Südoberschlesien, Nordmähren, Lausitz, Sachsen, - man denke an Ludwig Richter und Jean Paul (Friedrich Richter). Inhaber eines Lehngutes, besonders in der Lausitz, war der Lehmann, Verwalter eines Landgutes der Hoffmann (nächst Scholz und Müller der häufigste Berufsname in Schlesien), dem im Westen und Süden der Meyer (Maier) entspricht. Der Name Müller hat (ähnlich wie Schmidt) durch das Aufkommen städtischer Mühlen starken Zuwachs erhalten (siehe unten). Dem Kretschmer, dem Dorfgastwirt, begegnen wir bald auch als städtischem Neubürger: Nitsche schuworcht der kretschemer gewest ist czum Neuwendorff (1387 Liegnitz.). Seltener ist der deut. Ausdruck Wirth, während das norddeutscher Synonym Krüger, der Krugwirt, aus der Niederlausitz und der Mark in die Grünberger und Saganer Gegend herüberreicht.
Der Kretschmer - in Alt-Breslau sind um 1375 rund 50 bezeugt - leitet zu den städtischen Gewerben über. Mit ihm vertreten Breuer und Melzer das schles. Braugewerbe, dem der Höpfner (Heppner) als Hopfenbauer oder -händler sein Erzeugnis ins Hopfenhaus lieferte; auch mit Hoppe und Hopfstock ist er gemeint. Die Bier- und Weinfässer (bütten) lieferte der Büttner (entrundet Billner, so entlang der böhm. Grenze). Ergiebige Tonvorkommen waren schon früh der Töpferei förderlich, wovon noch heute die Bunzlauer Tonwaren und Topfmärkte zeugen; der mitteldeutsche Töpfer oder Tepper (daher zerteppern = zerschlagen) hat den oberdeutschen Hafner nicht aufkommen lassen, in Böhmen sogar nach Süden zurückgedrängt. Es würde den Rahmen dieser Übersicht sprengen, wollte man auch alle bürgerlichen Familiennamen dieser Art systematisch zu einer Gesamtschau mittelalterlichen Gewerbelebens gruppieren; sind es doch ihrer noch über hundert. Auch würden trotzdem noch zahlreiche Spezialgewerbe fehlen (wie noldenvesseler = Drechsler von Nadelbüchsen), die mit den Wandlungen des Wirtschaftslebens verschwunden sind, aber anschauliche Zeugen der weitgehenden Arbeitsteilung wären, ganz zu schweigen von den "mittelbaren" Berufsnamen oder Berufsübernamen (auch in Satzform), die dem Bilde erst recht Farbe und Plastik verleihen würden. Darum nur ein paar Streiflichter auf die kulturellen Verhältnisse jener Zeit.
Begegnen wir dem Trippmacher oder Trippner, so tauchen vor uns die ungepflasterten Straßen auf, die oft nur mit hölzernen Stelzschuhen (trippen) passierbar waren; feste Straßendecken (brücken) und Steinwege, für die der Brückner oder Steinbesetzer zu sorgen hatte, waren selten (in Breslau noch bis in die Gegenwart Schuh- und Schmiedebrücke). Auch Dachziegel kannte man nur bei öffentlichen Gebäuden und Patrizierhäusern; der Schindler war also wegen der hölzernen Schindeln noch unentbehrlich. Das gleiche gilt von Ziegelbauten; das Normale waren Fachwerkhäuser aus Lehm, wovon der Leymvürer und der (heute oberdeutsche) Kleiber zeugen, während die Arbeit in der Ziegelei anschaulich wird durch Czigelstricher und Czigelczeler, heute nur noch Ziegler und Zähler! Auch die Seltenheit des Gläser erinnert an die Frühzeit des Glases und die in Privathäusern noch wenig gebräuchlichen Glasfenster. Das Pulver war noch nicht erfunden: Bögner und Pfylsmit, Tartschner und Glitschensmit, Sarwurchter und Platener sorgten für die zeitgemäße Waffenausrüstung der Bürgerwehr, der Spörer (heute Speer) für die Berittenen, die Weppener und Renner. An Eßgerät kannte man nur den (hölzernen oder silbernen) Löffel, den der Leffler als Verwandter des Dreßler herstellte; woraus sich wieder für Gabler als einzig mögliche Deutung die als Herkunftsname ergibt.
Nicht wenige Sondergewerbe leben als Namen nur noch unter ihrer übergeordneten Zunft- oder Gruppenbezeichnung fort: so lynen- und wollenweber nur als Weber, gewand- und tuchscherer als Scheer, garnzüger, snarmecher und snurer als Seiler, wysgerwer und rotgerwer als Gerber, frawentaschner als Teschner, rot-, gel-, kalt-, klein-, huf- und kupfersmid als Schmidt, und selbst in Schreiber steckt nicht nur der höchste städtische Beamte, der Stadtschreiber, sondern auch all die kleinen Schreiberlein, die sich wohlhabende Gewerbe als Buch- oder Rechnungsführer hielten: krom- und mölschriber, weyn- und grüczenschriber, quart- und köchenschriber und dgl. sind bezeugt. Auch die Häufigkeit der Müller ist mitbedingt durch die Vielzahl der städtischen Mühlen: Gassenmölner. Planken- und Scherfmölner usw. Und so dürfte auch der Voigt nicht nur die Würde des Lokators (des advocatus) aus der ersten Besiedlungszeit oder des gestrengen Stadt- und Landvogtes verkörpern, auch kleinere Verwaltungs- und Aufsichtsbeamte genossen schließlich diesen Titel, so z. B. der crawtvoyt; mitunter dürfte auch nur das Dienstverhältnis zu dem Titelträger darin zum Ausdruck kommen, wie bei Bischof, Herzog usw.; denn verschiedentlich führen schon damals auch schlichte Berufe wie vurman, kramer usw. diesen sozial gehobenen Namen.
Nicht selten dringt man auch in dieser Namengruppe erst von der Mundart her zu ihrem Verständnis vor. Während bei Voigt Mischung von Mundart und Schriftsprache vorliegt - denn das g hat erst der neuzeitliche Amtsschreiber in das mundartliche Voit wieder eingefügt -, haben wir reine Mundartformen in Speer statt spörer (Sporenmacher), in Exner statt Öchsner, in Heptner statt Höpfner, in Geilner statt Göldner (Goldgewinner), in Nellner statt Nöldener (Nadelschmied), in Zedler statt Zeidler, in Wehner neben Weiner/Weinert statt Wagner, in Priefer/Priefert statt Prüfer, in Sprenger neben Springer, aber auch in (glätzisch) Kaller/Kallert statt Keller (Kellner) und Kastner statt Kestner sowie in Fender neben Pfender und in Hellmann neben Hauptmann.
Wortgeographisch gesehen, hat sich in den Berufsnamen der mitteldeutsche Wortschatz mit ostfränk. Kern niedergeschlagen, also Töpfer (Tepper), nicht oberdeut. Hafner, während im 14. Jahrhundert vereinzelt noch die Auseinandersetzung mit oberdeutschen Elementen sichtbar wird, so wenn oberdeutsch pfragener (pfreyner = Lebensmittelhändler) noch neben mitteldeutsch hökener bzw. hocke begegnet oder oberdeutsch kleiber neben mouwerer oder wenn oberdeutsch Spengler (und Flaschner) noch das jüngere mitteldeutsche Klempner vertritt. Auch selczer (salczer), bader, nether und andere haben sich als Familienname nur im oberdeutschen Sprachbereich gehalten, desgl. vürer im Sinne von Händler, der seine Ware "führt", wie weysenvürer, ysenvürer usw. (heut nur noch in Kornführer), während vurman zu einem schlesischen Leitnamen geworden ist, - schon Johann Fischart im 16. Jahrhundert. wusste, "daß alle Schlesier Fuhrmann heißen".
Während man heute in Schlesien zum "Stellmacher" schickt, war bis ins 17. Jahrhundert noch Wagener in der kontrahierten Form Weiner gebräuchlich: Familienname Weinert, entrundet Wehner/Wehnert; auch Schirrmacher gehört hierher. Brettschneider steht schles.-ostmitteldeut. für den oberdeut. Holzmüller und niederdeut. Sager, Tischer (in archaischer Form) für west- und südwestdeutsch Schreiner, niederdeutsch Kistenmacher und Snitker, Schubert (schuworht "Schuhwirker") für süddeutsch Sauter und Sütterlin, niederdeutsch Schomaker; oder mitteldeutsch Schröter neben Schneider.
Im Schlachthof hantierte als Kollege des Fleischer der Slechtinger (zu mittelhochdeutsch slechtigen = schlachten), urkdl. mit Slichting identisch (Reichert, S. 67)! Gegenüber allgemein-schlesisch Becker wird entlang der böhmischen Grenze mit Beck der Anteil oberdeutsch Siedler sichtbar, ähnlich wie im nördlichen Schlesien, dem Neiderland, mit Krüger der Einfluss des niederdeutsch-märkischen gegenüber dem heimischen Kretschmer.
Aus nicht mehr geläufigem rostewscher (d. i. Pferdehändler) ist volksetymologisch ein Roßdeutscher geworden.
Umlaut hat für den Paukenschläger (mhd. puker) die schlesische Form Peukker/Peukkert geschaffen, das dann zu Peickert entrundet wurde: Pauker, Pfeiffer und Fiedler bildeten das Trio der Stadtmusikanten. Auch Teuber/Teubner entspricht oberdeutsch Tauber/Taubner.
Am allgemeinen Bedeutungswandel liegt es, wenn im Familienname Kauffmann noch der Großkaufmann, insbesondere der Tuchbranche, fortlebt, der als vornehmer Patrizier auf den Einzelhandel herabsah, wie ihn Kramer, Hocke, Käufler, Mentler (Trödler) usw. vertraten.
Verweise
- Siehe auch Onomastik
Literaturhinweise
- Bahlow, H., Schlesisches Namenbuch (1953)