Ortsfamilienbuch

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
(Weitergeleitet von Ortsfamilienbuch (Begriff))
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Info
In diesem Artikel finden Sie allgemeine Informationen über Ortsfamilienbücher.
In GenWiki vorgestellte Ortsfamilienbücher finden Sie in der Kategorie Ortsfamilienbuch.
Die Online-Familienbücher können Sie in der Datenbank der Online-OFBs durchsuchen.
Das Hilfsprogramm Ortsfamilienbuch (Genealogiesoftware) hat auch seinen Artikel.


Einleitung

Ein Ortsfamilienbuch (abgekürzt: OFB, früher auch Ortssippenbuch (OSB) genannt) ist eine personengeschichtliche Sekundärquelle, in der die gesamte in den Quellen (meist: Kirchenbüchern) fassbare Einwohnerschaft eines Ortes mit ihren Lebensdaten und in der Regel den direkten genealogischen Verbindungen sowie weiteren Informationen (z.B. Beruf, Haus) aufgeführt wird. Zu finden sind hier also nach Familiennamen sortiert einzelne Personen, Mutter-Kind-Verbindungen sowie vor allem ganze Kernfamilien (Eltern und deren Kinder). Bei den meisten gedruckten OFBs und bei allen Online-OFBs werden Verweisnummern auf die Herkunfts- und Heiratsfamilien gegeben, sodass aus einem OFB das gesamte Verwandtschaftsnetz ermittelt werden kann, soweit es sich auf den untersuchten Ort beschränkt.

Die Primärquellen, die für die Bearbeitung eines Ortsfamilienbuches herangezogen werden, sind in der Regel die Kirchenbücher, aus denen mindestens die Einträge zu Taufe, Heirat und Begräbnis übertragen werden, oft auch Angaben zu Paten und Trauzeugen. Aber auch alle anderen personengeschichtlichen Primärquellen geistlicher oder weltlicher Herkunft können zur Bearbeitung eines Ortsfamilienbuches herangezogen werden, ebenso schon erschienene Sekundärquellen, wie beispielsweise Ortsfamilienbücher von Nachbargemeinden.

Die Familienrekonstitution als Methode

Die Methode der familienweisen Zusammenstellung der Personen aus Kirchenbüchern, die Familienrekonstitution oder Methode Henry, ist in den 1950er-Jahren in Frankreich veröffentlicht worden und hat zweifellos die Bevölkerungsgeschichte und die Sozialgeschichte in der gesamten Welt befruchtet, vor allem in den 1970er Jahren. Im deutschen Sprachraum schon mehrere Jahrzehnte früher erschienene Datensammlungen wie die OFBs wurden damals in der internationalen Wissenschaft ebenfalls intensiv genutzt.

Die Geschichte der Ortsfamilienbücher im deutschen Sprachraum

Bereits im 16. Jahrhundert gingen in einzelnen Orten Seelenregister, die jeweils nur ein zeitlicher Querschnitt der Bevölkerung in einem bestimmten Jahr waren und es in manchen Landschaften (zum Beispiel in Oberösterreich) auch geblieben sind, in fortgeschriebene Familienregister über. 1807 wurde die Führung eines Familienregisters in jeder Gemeinde Württembergs gesetzliche Pflicht. Ab 1920 versuchte Konrad Brandner, die Abstammung der gesamten Bevölkerung der Steiermark in einer Volksgenealogie zu erfassen. Der Reichnährstand strebte während der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen seiner Blut-und-Boden-Politik an, für jedes Dorf ein Dorfsippenbuch herauszugeben, und organisierte die Kirchenbuchverkartung. Von dieser politischen Zielstellung unbefrachtet werden seit den 1950er-Jahren von Familiengeschichts- und Heimatforschern Ortssippenbücher beziehungsweise Ortsfamilienbücher in ständig steigender Zahl bearbeitet und herausgegeben. Jährlich werden etwa 200 weitere Gemeinden fertig gestellt.

Wissenschaftliche Bedeutung

Die Monographie "Ortsfamilienbücher mit Standort Leipzig" enthält eine Übersicht über bearbeitete Fragen und Methoden bei der wissenschaftlichen Auswertung von Ortsfamilienbüchern und dazu eine erschöpfende Bibliographie. Diese Übersicht ist inhaltlich nach folgenden Punkten gegliedert: Die Pioniere der Auswertung; Der Anthropologe Walter Scheidt und seine Schule; Medizinische Fragestellungen und Inzucht; Die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Lebensgemeinschaft; Die Innsbrucker Schule; Die Vererbungsgewohnheiten; Ökologische Dorfuntersuchungen; Soziale Unterschiede der Kinderzahlen; Wanderung und Verstädterung; Heiratsalter; Die Französische Schule; Soziale Mobilität; Haushaltsstrukuren; Familiensoziologie; Mikrohistorie; Konfessionelle Unterschiede; Soziobiologie; Planungen und Vorarbeiten für repräsentative Untersuchungen mit Stichproben aus den inhaltlich etwa 400 am besten geeigneten Ortsfamilienbücher der etwa 2000 bereits im deutschen Sprachraum vorhandenen.

Praktische Hinweise für die Verfasser von Ortsfamilienbüchern

Heute werden Ortsfamilienbücher in der Regel rechnergestützt erarbeitet. Anstelle der Karteikarte, auf der jede Familie eingetragen wird, bietet der Computer eine Eingabemaske für die Daten an. Die Veränderlichkeit der Familiennamen und die Herstellung der Register bringen dabei Schwierigkeiten mit sich. Die Verfasser eines Ortsfamilienbuches sollten die Quellen inhaltlich vollständig ausschöpfen. Sie sollten keinesfalls bestimmte Personenkreise (etwa Ortsfremde oder Kinderlose) ausschließen oder separieren, so weit ermittelbar Berufe und sozialen Stand der Personen angeben und nach Möglichkeit auch Angaben über Besitz- und Eigentumsverhältnisse machen.

Der Aufbau eines Ortsfamilienbuches ist heute weitgehend einheitlich: Die Familien sollen in der Regel alphabetisch geordnet werden und dann innerhalb eines Familiennamens chronologisch. Diese Anordnung hat sich für den Nutzer als besonders praktisch erwiesen.

Ein gutes Ortsfamilienbuch enthält auch immer ein vollständiges Familiennamensverzeichnis über alle enthaltenen Personen und ein Ortsverzeichnis. Die Aufteilung des Familiennamensverzeichnisses in Einzelverzeichnisse nach Gruppenzugehörigkeit oder der Ausschluss der bereits im Hauptteil alphabetisch aufgeführten Stammfamilien erschwert die Nutzung des Buches erheblich.

Zur Datensicherung ist stets auch ein Ausdruck aller Familiendaten auf Papier anzuraten und die Hinterlegung in der Deutschen Nationalbibliothek bzw. der zuständigen Regional- oder Landesbibliothek und der Deutschen Zentralstelle für Genealogie.

Siehe auch Informationsblatt zur Anfertigung von Ortssippenbüchern des Vereins für Familien- und Wappenkunde in Württemberg und Baden.

OFB Reihen

Die Deutschen Ortssippenbücher werden bei der Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte registriert. Sie sind in folgenden Reihen gegliedert:

Reihe A - Format DIN A 4
Reihe B - Format kleiner als DIN A 4
Reihe C - CD-ROM

Die Liste der Deutschen Ortssippenbücher wird seit 2011 unabhängig vom Format geführt, die Reihe B wird mit der Nr. 500 geschlossen. Bei den bereits vergebenen Nummern wird bei dieser Reihe 01. vorangestellt, z.B. 01.001. Bei der Reihe A wird 00. vorangestellt. Alle neu vergebenen DOS-Nummern werden nur noch in der Reihe A gelistet.

Literatur

Gedruckte Bibliographien

GenWiki-Projekt: OFB-Verzeichnis

Innerhalb des GenWiki gibt es ein eigenes Projekt, das sich mit der Aufnahme aller bekannten Ortsfamilienbücher befasst. In der Kategorie:Ortsfamilienbuch werden diese Ortsfamilienbücher gesammelt dargestellt. Jedes OFB wird in einem eigenständigen Artikel beschrieben. Der Vorteil bei der Nutzung des GenWiki für diese Quellen besteht vor allem darin, dass z.B. Standortangaben aber auch Fehlerkorrekturen zum gedruckten OFB von jedermann eingefügt werden können. Eine genaue Projektbeschreibung (inklusive einer Anleitung zur Mitarbeit) finden Sie im Artikel OFB-Verzeichnis.

CompGen-Projekt Online-OFBs

Das Ziel des Projektes Online-Ortsfamilienbücher ist, möglichst viele verkartete Ortsfamilienbücher in einer Online-Version zur Verfügung zustellen. Dafür stellt der Verein für Computergenealogie kostenlos Serverplatz und die dazu notwendige Server-Software zur Verfügung. Interessierte Familienforscher, die ein Kirchenbuch verkartet haben, können dieses Angebot kostenlos nutzen.

Weblinks

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ortsfamilienbuch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Creative-Commons-Lizenz "CC-BY-SA 4.0". In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.