Jatzischken

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Hierarchie

Regional > Litauen > Jatzischken

Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Heydekrug > Jatzischken

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Einleitung

Jatzischken, Kreis Heydekrug, Ostpreußen


Name

Andere Namen und Schreibweisen


Namensdeutung

Der Name weist auf Dunkles und Unsauberkeit. Möglicherweise ist damit ein Siedlungsplatz im Moor beschrieben.

  • preußisch-litauisch "juočkis" = schwärzlich, schwarz

vgl. dazu

  • prußisch "gazt, gazes" = Dreck, Abfälle, Plunder, Kot, Mist
  • "geasnis" = Schnepfe (bevorzugt bodenfeuchte Wälder)


Allgemeine Information

Angrenzende Orte

An das cöllm. Dörfchen Jazischken angrenzende Orte
Im Osten: Königl. Heyde
Im Süden: Minge
Im Westen: Minge
Im Norden: Wabelwethen

Quelle:[7]

Politische Einteilung


Kirchliche Zugehörigkeit

Evangelische Kirche

Jatzischken gehörte 1912 zum Kirchspiel Kinten (Kr.Heydekrug) und zum Seelsorgebezirk Neu Rugeln.


Bewohner

An der Minge
  • 1719: Das cöllmische Dörfchen Jazischken hat 2 Huben, dem Johann Hamburger gehörig.Quelle:[10]
  • 1719: Jaczißken, ein cöllmisches Gut im Windenburgischen Creyße gelegen, gehört dem Johann Hamburger. Quelle:[11]

"Der Kammerjunker eines Herzogs von Kurland kam in die Memeler Gegend, kaufte Spitzhut, und führte den Namen Kuwert. Er vermählte sich mit der Tochter des Andreas Hamburger um die Wende des 18. Jahrhunderts. Die Hamburger sind weit über ein Jahrhundert Besitzer des Gütchens Jatzischken gewesen. Als die Pest 1711 Memel und Umgebung heimsuchte, brachte Kuwert Frau und Kinder zu seinem Schwager, dem Fischmeister Johann Hamburger auf Jatzischken, und wollte sie bald darauf besuchen. Dieser hatte jedoch, um den Verkehr abzuschneiden, die Kähne von der Minge aufs Land bringen lassen und gestattete nicht, daß Kuwert, der versicherte, noch ganz gesund zu sein, hinüber gefahren wurde. Darauf sah Kuwert seine Familie vom Ufer aus, nahm von ihr Abschied, kehrte nach Spitzhut zurück und starb binnen acht Tagen an der Pest!" [12]


Verschiedenes

Memeler Dampfboot vom 22.08.1925

Aus der Geschichte des Gutes Jatzischken

I.

In der Nähe der Krakerorter Lank liegt am Mingefluß das Gut Jatzischken, welches seinen Namen von seinem Gründer J a g s t hat. Seit 1629 war es im Besitze der Familie H a m b u r g e r, in der es sich immer vererbte. Der letzte, Amtmann Hamburger, vorher Fischmeister, lebte dort Anfang des 18. Jahrhunderts mit seinen Schwestern. Die Schicksale seiner dritten Schwester sind recht interessant, weil von ihr die bekannte Familie K u w e r t abstammt.

Eines Tages reiste im Winter bei sehr schlechtem Wetter der Herzog von Kurland mit seinem Kammerjunker Kuwert an Jatzischken vorbei und wurde im Gut freundlich aufgenommen. Hierbei gewann Kuwert jene Schwester lieb, die er auch später heiratete; er gab seine Stellung auf und wirtschaftete auf seinem Gut S p i t z h u t bei Memel. Als nun vor mehr als 200 Jahren die Pest auch in jene gegend kam, da floh zuerst die Frau mit ihren Kindern, drei Söhnen und einer Tochter, zu ihrem Bruder nach Jatzischken. Bald kam auch Kuwert nach, gelangte aber nur bis an das andere Ufer der Minge und rief, man solle ihn übersetzen. Hamburger aber hatte die Kähne aufs Land ziehen lassen und wies den Schwager ab, weil er Ansteckung fürchtete. Als Kuwert sagte, daß er doch gesund sei, rief Hamburger hinüber: „Du kannst aber die Pest schon in dir oder in den Kleidern tragen.“ Seine Schwester und ihre Kinder ließ er nur an das Ufer kommen, und Kuwert segnete sie von drüben und mußte umkehren. Wirklich starb er nach einigen Tagen an der Pest. So hatte der rauhe, aber vorsichtige Amtmann Hamburger die Familie des Kuwert gerettet.

Diese Angaben gehen wohl zum größten Teil auf die 1832 von Beerbohm verfaßten „Nachrichten von Jatzischken“ zurück, die nach einer Bemerkung von Sembritzki in seiner „Geschichte des Kreises Heydekrug“ nur mit größter Vorsicht zu genießen sind. Nach der Ansicht von Sembritzki dürfte Kuwert nicht Kammerjunker, sondern eher Kammerdiener gewesen und die Sage vom Adel durch seinen Sohn Johann Gottfried erfunden sein, der sich auch ein eigenes, natürlich nur als bürgerliches zu betrachtendes Wappen beilegte: im Schilde ein gegürteter Mann mit niedrigem Hute, eine Keule in der Linken (ähnlich den Schildhaltern im preußischen Wappen), als Helmzierde ein Arm mit hauendem Schwert. Wie dem auch sei – von den erwähnten Kindern kommen nun alle Glieder der heute weit verbreiteten Familie Kuwert ab, die ihrerseits wieder eine sehr verzweigte Verwandtschaft hat.

Memeler Dampfboot vom 28.08.1925

Aus der Geschichte des Gutes Jatzischken

II.

Die Witwe des an der Pest gestorbenen K u w e r t heiratete einen Studenten der Theologie Theodor Z u d n o c h o w i u s, der wahrscheinlich als Hauslehrer der hinterbliebenen Kuwertschen Kinder nach Jatzischken gekommen war und ein sehr bewegtes Leben hinter sich hatte. Er hatte in Rostock und auf den schwedischen Universitäten Lund und Upsala und endlich in Abo in Finnland studiert. 1711 kamen die Russen nach Abo, verwüsteten die Universität, nahmen Zudnochowius angeblich 200 Taler und 142 Bücher fort und hielten ihn ein ganzes Jahr gefangen. Im nächsten Jahre kaufte ihn die schwedische Prinzessin Ulrike Eleonore los und nahm ihn nach Stockholm, wo er beim königlichen Senat Dolmetscher wurde und die Anliegen und Beschwerden der polnischen, litauischen und russischen Gefangenen entgegenzunehmen hatte. Dann wurde er vom Fürsten Doloruki an den Fürsten Golowin in Riga empfohlen, der ihn als Kanzleibeamten anstellte. Die gleiche Stellung hatte er später auch bei dem Gouverneur Fürst Rapenin. „Weil aber die Gage nicht hat richtig fallen wollen“, mit anderen Worten, weil er schlecht bezahlt wurde, ging er zu einem Herrn v. Z ö g e n nach Kurland. „Aber auf meiner Freunde inständiges Ansuchen bin ich in mein Vaterland retourniret.“ (Er war ein Sohn des aus Goldap gebürtigen Pfarrers Cyprian Zudnochowius.)

Diese biographischen Nachrichten sind einer Eingabe entnommen, die Zudnochowius am 5.Mai 1727 an die Regierung gerichtet hat. In diesem Jahre nämlich war die Pfarrstelle in Kinten frei geworden, und der durch seine Heirat in Jatzischken ansässig gewordene über vierzig Jahre alte Kandidat bewarb sich um die Stelle. Vor dem Wegzug des Kintener Pfarrers hatte er diesen während einer Brustkrankheit vertreten, was der Pfarrer ihm unter lobender Hervorhebung seiner Fertigkeit im Litauischen und seiner „penetranten“ (durchdringenden) Stimme bescheinigte. An einem Sonntage wurden die Bauern aus der Umgegend nach dem Jatzischker Kruge gerufen, wo Zudnochowius ihnen eine Probepredigt hielt und sie ein Schriftstück unterschreiben ließ, in dem sie um seine Anstellung baten. Es wurde aber nichts aus der Sache, denn der Erzpriester Pauli berichtete, „daß der vorgemeldete Zudnochowius sich dem Trunk stark ergeben haben und selten nüchtern sein soll“.

Viel mehr wissen wir nicht von diesem abenteuernden Theologen als diese kargen Notizen, aus denen sich unsere Phantasie nach Laune, Geschmack und Vermögen ein buntes und blühendes Bild malen mag. Gösta Berling, „der stärkste und schwächste aller Menschen“, wird dann sicher Pate stehen…

Weitere Einzelheiten über Jazischken erhält man aus einer 1832 verfassten Chronik mitgeteilt von Jenny Kopp geb. Sperber im MD vom 20.1.1972, S. 4 f und http://memel.klavb.lt/MD/ADM_Archiv20111201/MD1972/MD1972_01(1).pdf
MD vom 20.2.1972, S. 25 f.
http://memel.klavb.lt/MD/ADM_Archiv20111201/MD1972/MD1972_02(1).pdf

Karten

Schroetter Karte 1802, Maßstab 1: 160 000
Jatzischken auf der Schroetterkarte (1796-1802) 1:50 000
© Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz


Jaszischken im Preußischen Urmesstischblatt 1860
© Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
Jaszischken und Umgebung im Preußischen Urmesstischblatt 1860
© Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz


Gut Jazischken im westlichen Teil der Gemeinde Groß Augstumalmoor im Messtischblatt 0593 Kinten, 0594 Kukoreiten, 0693 Minge, 0694 Heydekrug (1910-1940) mit den Gemeindegrenzen von 1938
© Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Jatzischken
(c) Bundesamt für Kartographie und Geodäsie



Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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Quellen

  1. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  2. Sembritzki, Johannes u. Bittens, Arthur: Geschichte des Kreises Heydekrug, Memel 1920
  3. Urmesstischblatt von 1860
  4. Messtischblatt 0693 Minge (1911), Maßstab 1:25000 © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
  5. GOV: http://gov.genealogy.net/
  6. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  7. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Hubenzahl 1719, Buch Nr. 3, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  8. Sembritzki, Johannes u. Bittens, Arthur: Geschichte des Kreises Heydekrug, Memel 1920
  9. Sembritzki, Johannes u. Bittens, Arthur: Geschichte des Kreises Heydekrug, Memel 1920
  10. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Hubenzahl 1719, Buch Nr. 3, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  11. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Special Protocoll 1719, Buch Nr. 2, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  12. Jenny Kopp, Beiträge zur Chronik des ostpreußischen Grundbesitzes, 1913